//Motivation Vor 10 Jahren war ich zum ersten und vorest auch letzten Mal mit Ski auf dem Wetterhorn 3692m. Damals kam mir zu Ohren, dass es für fitte Zeitgenossen auch möglich wäre, alle drei Gipfel der Wetterhorngruppe an einem Tag zu überschreiten. Dies allerdings nicht ganz ohne dem Drang zum Masochismus.
Als von Dan Patitucci nun die Anfrage kam, ihn auf dieser Tour zu begleiten und allenfalls einige schöne Fotos zu schiessen, wollte ich nicht lange zögern. Aus zuverlässiger Quelle hatten wir erfahren, dass die Verhältnisse am Berg und Gletscher momentan sehr gut seien. Obschon ich die Pierra Menta noch etwas in den Beinen spürte, sollte ich den physischen Anforderungen trotzdem gewachsen sein, ich hatte konditionell auch schon weitaus anspruchsvollere Touren unternommen...
(Dan auf dem Rosenlauigletscher | Dossen 3138m im Hintergrund)
//Tour
Start in Rosenlaui Pkt. 1358m bei Tageslicht. Der Schnee reichte noch bis zur Strasse, bis zur Brücke Pkt. 1487m mussten wir die Ski nur einmal kurz abschnallen. Weiter entlang des Sommerwegs Richtung Dossen- und Engelhornhütte bis zum Verzweiger bei Pkt. 1673m. Hier gab es noch einmal einige kurze Tragestellen. Nun auf durchgehender Schneedecke den blau-weissen Markierungen des Dossenwegs folgend bis zur Moräne unter dem Chragen (Schluuch). In diesem Bereich war der Schnee sehr hart und das Gelände wurde immer steiler, irgendwann war es einfacher die Ski aufzubinden und zu Fuss weiterzugehen. Auch der Schluuch liess sich einfacher und schneller per Pedes überwinden.
Bei Dossenpletschen flachte das Gelände ab, bald würden wir den Rosenlauigletscher betreten. Ich war etwas erstaunt, als wie aus dem Nichts plötzlich 4 Tourenfahrerinnen vom Gletscher zu uns herabfuhren. Waren die bereits auf dem Gipfel gewesen, um 08:00 Uhr morgens? Sie meinten dann es hätte sie fast umgeblasen am Wellhornsattel, und seien aus diesem Grund umgekehrt. Kaum vorstellbar für uns, da es hier unten absolut windstill war. Nun denn, wir wollten es an der eigenen Haut erfahren, und zogen frohen Mutes weiter.
(Chris auf dem Rosenlauigletscher | unterwegs Richtung Wellhornsattel 3199m)
Auf dem Rosenlauigletscher konnten wir dann erstmals die Wolken sehen, welche um das Mittel- und Wetterhorn fegten. In der Tat machte es einen ziemlich ungemütlichen Eindruck. Im Kessel unter dem Wellhorn war es dagegen immer noch windstill, sonnig und warm, doch als wir Richtung Wellhornsattel Pkt. 3199m anstiegen begann es langsam aufzufrischen. Auf dem Sattel war es dann ungemütlich windig, doch es war nicht sonderlich kalt, und solange wir uns bewegten war es nicht weiter schlimm. Wir entschlossen uns weiterzugehen.
Im schattigen Kessel zwischen Mittelhorn und Wetterhorn wurde es dann deutlich kälter, wir hielten kurz inne um eine zusätzliche Wärmeschicht anzuziehen. Wir waren unterdessen auch nicht mehr so zuversichtlich den oder die Gipfel zu erreichen. Die Überschreitung hatten wir zwischenzeitlich sogar verworfen. Bei diesen Verhältnissen würden wir uns auch mit dem Wetterhorn 3692m begnügen, wenn überhaupt. Wir waren uns einig, bis zum Wettersattel Pkt. 3479m anzusteigen und anschliessend eine Entscheidung zu treffen.
(Bester Trittschnee in der Wetterhorn 3692m SE-Flanke | Exzellentes Panorama!)
Meine Hoffnung bestand darin, dass der südseitige Anstieg auf das Wetterhorn nicht so windexponiert sein würde, denn der Wind kam von Norden. Und so war es dann auch. Als wir uns in der Flanke befanden, hatte der Sturm deutlich nachgelassen, und so konnten wir guten Mutes zum Gipfel ansteigen. Hier gelangen uns noch einige tolle Actionshots! Zuletzt steilte das Gelände etwas auf und das Herz begann zu pumpen. Wir folgten der schönen Trittspur ohne Probleme auf den Gipfel, die Wechte überkletterten wir auf der rechten Seite.
Wider Erwarten standen wir nun trotzdem auf dem Wetterhorn 3692m und genossen das super Panorama, noch vor einer halben Stunde hatten wir daran gezweifelt. Unsere Hartnäckigkeit wurde belohnt, das war eine schöne Geschichte. Und es kam noch besser: der Wind hat nun fast abgestellt, und wir würde die Überschreitung fortsetzen können. Doch Eins nach dem anderen. Zuerst mussten wir noch den Abstieg meistern. Der ideale Trittschnee erleichterte die Angelegenheit, trotzdem waren wir froh mit Pickel und Steigeisen ausgerüstet zu sein. Gewisse Leute würden hier wohl frontal, ohne Steigeisen und Pickel, hinunter spazieren. Tja, wir waren eben Wussies...
(Chris klettert am Wetterhorn 3692m, im Hintergrund das Schreckhorn 4078m | Dan in der SE-Flanke, unterhalb der Gipfelwechte)
Zurück im Wettersattel machten wir eine kurze Pause, dann schnallten wir die Ski unter die Füsse und marschierten Richtung Mittelhorn 3704m. Die Steigeisen legten wir indes nicht allzu weit weg, denn wir würden sie schon bald wieder brauchen. Die NW-Flanke war auf ca. 30m blank, ohne Steigeisen war hier kein durchkommen. Das Schlusscouloir zeigte sich dann wieder gutmütig mit Trittschnee und Spuren, der Weg war frei für den zweiten Gipfel! Inzwischen stürmte es wieder heftig, mit den Ski auf dem Rücken und der Kamera im Anschlag musste man aufpassen, nicht von einer Böe erfasst zu werden und vom Grat zu stürzen.
(The Horny guys | Dan quert den Wettersattel zum Mittelhorn 3704m, im Hintergrund Mönch 4107m und Eiger 3970m)
Auf dem Gipfel hielten wir uns nicht lange auf, sondern machten uns sogleich an den Abstieg. Zuerst einige Meter entlang dem scharfen Nordgrat, dann hinein in die steile, aber windgeschützte Ostflanke. Hier offenbarte sich uns wieder eine andere Welt: Während oben der Sturm tobte und die gefühlten Temperaturen im Keller lagen, herrschten einige Meter weiter unten beinahe Backofentemperaturen. Dies war uns nur Recht, so konnten wir die gefrorenen Finger wieder auftauen. Ohne abzufellen fuhren wir über den Bergschrund in den Kessel und querten hinüber zur Lücke Pkt. 3502m, dies war der Übergang auf den Grindelwaldgletscher.
Wir liessen die Felle wiederum kleben, und fuhren hinab ins Gletscherbecken. Anstatt das Rosenhorn zu umrunden und über die SE-Flanke zu Pkt. 3643m anzusteigen, wählten wir die Abkürzung durch die Südflanke und das markante Couloir, welches ebenfalls zu Pkt. 3643m am SE-Grat hochführte. Natürlich brauchten wir auch hier bloss den Trittspuren zu folgen, lucky guys we were! Die Steigeisen konnten wir dieses Mal im Sack lassen. Am Ausstieg durften wir noch einmal kurz die Ski anschnallen, dann gelangten wir bereits zum Skidepot am Beginn des Felsgrats. Über den leichten Blockgrat erreichten wir wenige Minuten später den Gipfel des Rosenhorns 3688m. Was für ein Ding, und zu Beginn hatten wir noch daran gezweifelt überhaupt nur einen Gipfel zu erreichen!
(Dan im Schlussanstieg zum Mittelhorn 3704m | Chris im Abstieg vom Mittelhorn 3704m)
Trotzdem waren wir uns einig, dass wir auch hier keine längere Pause einlegen würden, der Wind machte es sehr ungemütlich sobald man sich nicht mehr bewegte. Zurück beim Skidepot konnten wir die Felle verstauen und die Abfahrt in Angriff nehmen. Links an der westlichen Wätterlimi vorbei in einem weiten Bogen Richtung Ränfenjoch Pkt. 3040m, Spuren wiesen uns den Weg. Während der Schnee oben zu vergessen war, fanden wir hier unten sogar noch etwas Pulver. Und der Wind war auch deutlich schwächer, hier liess es sich wieder aushalten. Ein letztes Mal zückten wir die Kamera, da wir nun beste Sicht auf die Wetterhorngruppe hatten.
In den Nordhängen vom Dossen fanden wir einen weiteren schönen Pulverhang, bevor wir uns an den weniger schönen Pflichtteil machten. Via Dossenpletschen und Rosenlauibiwak 2330m fuhren wir den Chragen hinab. Dann nicht dem Dossenweg (Aufstiegsweg) folgend, sondern die steile Flanke abrutschend in den Kessel und zum Klein Wellhorn gequert (Spuren). Dem Sommerweg folgend via Schwarzeflue hinab in die Rosenlouwischlucht und zur Brücke Pkt. 1487m, das ging super flott! Nur einmal brauchten wir noch kurz die Ski abzuschnallen, und dann gelangten wir auch schon zurück zum Ausgangspunkt, genau 8 Stunden nachdem wir gestartet waren.
//Fazit:
Manchmal muss man eben das Glück in Anspruch nehmen. Glücklich war ich, dass überhaupt die Anfrage von Dan ins Hause geflattert kam. Glück hatten wir, dass sich die Verhältnisse schlagartig besserten, und wir trotzdem zur Überschreitung ansetzen konnten, obschon wir kurz zuvor daran gezweifelt hatten. Mit Glück hatten wir erfahren, dass momentan gute Verhältnisse herrschten und wir grösstenteils einer Spur folgen konnten.
Ich würde die Überschreitung der Wetterhörner beinahe als Extremklassiker im Skibergsteigen einstufen. Extrem nicht was die Ausdauer und Höhenmeter betrifft, und auch nicht was die technischen Schwierigkeiten anbelangt. Aber alle Faktoren miteinander kombiniert, stellt die Tour halt trotzdem hohe Anprüche. Wer diesen allerdings gewachsen ist, dem offenbart sich eine hochalpine, unvergessliche Skitour!
//Die Zeiten:
- Start Rosenlaui 1358m um 06:20 Uhr.
- Ankunft Wetterhorn 3692mm um 10:53 Uhr.
- Start Wetterhorn 3692m um 10:59 Uhr.
- Ankunft Mittelhorn 3704m um 11:48 Uhr.
- Start Mittelhorn 3704m um 11:57 Uhr.
- Ankunft Rosenhorn 3688m um 13:06 Uhr.
- Start Rosenhorn 3688m um 13:17 Uhr.
- Ankunft Rosenlaui 1358m um 14:25 Uhr.
--> Total ohne Pausen: 7:44
--> Total mit Pausen: 8:05
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GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Tour können hier heruntergeladen werden (gpx file).
Bemerkungen: Vor 10 Jahren hatte ich bereits von der Wetterhorn-Trilogie geträumt; nun hatte es spontan geklappt, merci Dan!
Dan's Worte zur Horny Tour findest du hier hier oder da!
Während früh morgens ein starker Nordwind tobte, und dies eine Bergführerin mit ihren Gästen am Wellhornsattel Pkt. 3199m zur Umkehr bewogen hatte, war es 2-3 Stunden später auf den Gipfeln beinahe windstill (zumindest vorübergehend). Etwas länger ausschlafen hätte sich in ihrem Fall sicher ausbezahlt.
Bei guten Verhältnissen kann man vom Wetterhorn und auch vom Mittelhorn über die 45-50° Grad steilen SE-Flanken abfahren. Dies war heute nicht unsere Absicht, aber wäre definitv ein Grund, um diesen Gipfeln bald wieder einen Besuch abzustatten.
Bei guter Schneelage empfiehlt sich die Abfahrtsvariante via Klein Wellhorn und Schwarzeflue hinab zur Rosenlouwischlucht Pkt. 1487m (Brücke). Die Wegfindung ist allerdings nicht ganz trivial. Also entweder mit jemandem gehen der es kennt, den Spuren oder einem GPS Track folgen.
Bergführeraspiranten müssen diese Tour in weniger als 12 Stunden absolvieren, damit sie ihre Ausdauerprüfung bestehen. Wir hatten es in 8h geschafft, ohne zu hetzen und mit diversen Fotopausen.
Wenn im Frühling die höheren Alpengipfel locken, und man diese mit den leichten Rennski im Speed-Stil besteigen möchte, dann verwendet man von Vorteil ein tailliertes Fell und nicht die parallelen Standard-Rennfelle. Denn spätestens bei steilen Hangtraversen auf Hartschnee wird man mit den schmalen Fellen auf der Strecke bleiben respektive ins rutschen kommen.
Ich hatte mir dazu ein Pomoca Climb Pro Mohair angeschafft und gemäss untenstehender Video-Anleitung auf meinen Rennski angepasst. Zusätzlich hatte ich noch ein Top Fix Race System angenietet.