|
|
 | Tourendetails Vrenelisgärtli 2905m (Chalttäli, Guppengrat, Höchtor), Vorder Glärnisch 2328m |
|
Tourenart | Hochtour |
Datum | 03.06.2018 |
Region | |
Kartennummer | 1153 Klöntal, Alpinführer Glarner Alpen |
Link zum Kartendienst |  |
Anforderung | T6, III |
Terrain | Weglos |
Besucherandrang | Schwach frequentiert |
Gletscher | Vorsicht: Tour führt über Gletscher, anseilen kann erforderlich sein! |
Kondition | A |
Distanz | 15.4km
|
Höhenmeter | 2220m 2220m |
Exposition | Alle Exp. |
Gipfel erreicht? | Ja |
Bewertung (Erlebniswert) | Deluxe! |
Beschreibung | Vrenelisgärtli 2905m (Chalttäli, Guppengrat, Unteres Höchtor), Vorder Glärnisch 2328m, mit Adrian
//Motivation
Als die Anfrage von Adrian ins Haus geflattert kam, ob ich mit ihm durch's Chalttäli steigen wollte, musste ich nicht lange überlegen - aber klar doch! Das Chalttäli stand bei mir schon seit einem Jahrzehnt auf der Projektliste. Das einzige Problem bestand darin, dass ich gestern am Niesenlauf engagiert war, und meine Beine demzufolge nicht ganz ausgeruht waren. Doch diese Chance durfte ich mir nicht entgehen lassen, schwere Beine hin oder her.
Um es logistisch einfach zu halten, wählten wir als Start- und Endpunkt Hinter Saggberg, was bedeutete, dass wir nach dem Gipfel via Guppengrat, Unteres Höchtor und Vorderglärnisch absteigen wollten.
(Steilgras Anstieg Richtung Chnorren)
//Tour
Start in Hinter Saggberg Pkt. 1048m in der Morgendämmerung. Bei der Alp Mittelstafel Pkt. 1449m konnten wir die Stirnlampen bereits ausschalten. Weiter nun weglos über Schafweiden Richtung Chalttäli. Beim überqueren des geladenen Weidezauns wurde ich unsanft aus meinen Tagträumen gerissen, da ich im dümmsten Moment auf der Scheisse ausgerutscht war und daran hängen blieb. Nun war ich wach und die Sinne geschärft, was für den weiteren Aufstieg auch sinnvoll war. Nachdem wir zwei Chalttäli Aspiranten passierten und auf 1680m das Firnfeld betraten, nahmen wir den Pickel zur Hand und stiegen einige Meter im Schnee hoch, bis wir schon bald nach links querten, um über ein schuttiges Band (Wegspuren) den grasigen Sporn zu erreichen. Weiter nun im Steilgras hinauf zum Chnorren. Der Pickel leistete gute Dienste. Wegspuren erleichterten stellenweise die Wegfindung, doch waren diese nicht durchgängig sichtbar; es führten wohl viele Weg nach Rom. Unser Weg bescherte uns kurzzeitig noch eine exponierte Kletterstelle an nicht sehr festem Gestein, bevor wir den Chnorren Pkt. 2210m erreichten und eine kurze Pause einlegten. Die Tiefblicke auf den Klöntalersee waren eindrücklich, und die Aussicht auf die Chrumme Würm und Aufstiegsbänder zum Schwandergrat nicht minder beeindruckend.
(Umgehung der Klettercrux durch das linke Couloir || zu Beginn der 800m Querung)
Für den weiteren Anstieg wählten wir nicht die Direktvariante über die brüchigen und schlecht absicherbaren Bänder der Chrummen Würm, sondern die Umgehungsvariante links davon durch das schneegefüllte Couloir nördlich von Pkt. 2752m. Wichtig hier war das Couloir erst beim obersten Band wieder nach rechts zu verlassen. Unterdessen hatten wir eine weitere 3er Gruppe passiert, welche sich in der Folge an unsere Fersen heftete. Nach dem Couloir begann die 800m lange Traverse auf dem abschüssigen Band. Guter Trittschnee erleichterten das Fortkommen; wir konnten fast durchwegs einen Fuss vor den anderen setzen, und mussten nicht seitlich auf den Frontzacken queren, denn so hätte man automatisch um einiges länger.
(Abschüssiges Schneegesimse || 3er Gruppe auf unseren Fersen)
Etwas oberhalb von Pkt. 2390m machten wir eine kurze Pause, bevor wir leicht absteigend zum Fusse des Ausstiegscouloirs gelangten. Nun in direkter Linie hinauf zum Schwandergrat und an die Sonne; für die knapp 400 Höhenmeter brauchten wir weniger als 20min... Wir verstauten Steigeisen und Pickel, und folgten dem Grat hinauf zum höchsten Punkt des Vrenelisgärtlis 2905m. Es war erst kurz nach 08:00 Uhr, wir hatten weniger als 4h gebraucht vom Auto auf den Gipfel. Nun genossen wir eine ausgiebige Pause und die Ruhe (vor dem Sturm, die Aspiranten, welche von der Glärnischhütte gestartet waren, befanden sich bei der Abkletterstelle am Schwandergrat), und plauderten mit einem Local über bekannte und weniger bekannte Routen am Glärnisch, für mich gäbe es da noch viel Neuland zu entdecken!
(When summer meets winter || Schlussanstieg zum Schwandergrat)
(Ausstieg am Schwandergrat)
Noch bevor die Massen heranstürmten, machten wir uns nun zusammen mit Kurt an den Abstieg über den Guppengrat. Ich bin vor Jahren dort einmal hochgeklettert, der Anstieg blieb mir damals als sehr genussreich und ohne jeglicher Schwierigkeiten in Erinnerung. Nun im Abstieg sah es etwas anders aus; nach der noch harmlosen geneigten Gipfelabdachung wurde der Grat dann ziemlich luftig und das Gelände fiel steil zur Chanzle ab, und der Fels war auch nicht über alle Zweifel erhaben. Während Adrian und Kurt wie Gämsen abstiegen, verfluchte ich mich innerlich, dass ich offenbar zu wenig Übung hatte in derart anspruchsvollen Gelände abzusteigen und abzuklettern. Auf meinen Voralpen Kraxeltouren meistere ich die Schwierigkeiten fast durchwegs im Aufstieg. Vielleicht sollte ich die Mythen Trilogie einmal in der Gegenrichtung angehen... Wie auch immer, diese Gedanken halfen mir im Moment wenig, ich musste da nun durch und mich aufs Wesentliche konzentrieren. Mit etwas Verspätung konnte ich schliesslich das Altschneefeld unter dem Guppengrat betreten, und die restlichen Meter zur Chanzle hinabsurfen.
(Exponierter Abstieg über den Guppengrat)
Nach der Chanzle trennten sich unsere Wege: Kurt stieg weiter ab nach Schwanden, während wir zum Unteren Höchtor Pkt. 2269m queren wollten. Rasch liefen wir den Guppenfirn hinab bis an sein Ende auf ca. 2340m, bevor wir mit der Querung zum Unteren Höchtor begannen. Die steilen Gras- und Geröllhänge waren mit der nötigen Vorsicht gut zu passieren. Der Pickel war wiederum hilfreich, und ebenfalls gutes Schuhwerk, dies war nun definitiv keine Turnschuh Route. Zuletzt flachte das Gelände etwas ab, und wir konnten die Gratverbindung unter der eindrücklichen Höchtor Nordostwand betreten. 1981 wurde diese Wand von Felix Ortlieb u.a. erstbegangen, und bis dahin nie mehr wiederholt.
(Blick Richtung Höchtor und Vorder Glärnisch || Chanzle und Guppengrat im Profil)
Wir dagegen backten kleinere Brötchen, und wollten lediglich durch die beiden Couloirs zur Furggle absteigen. Im oberen Couloir lag noch Altschnee drin, was den Abstieg vielleicht etwas anspruchsvoller gestaltete, dafür sicherer weil weniger Steinschlag. Zuletzt galt es einige Meter abzuklettern an zweifelhaften Fels, hierfür hatten wir etwas Reepschnur mitgebracht um ein Geländerseil anzubringen, es würde aber auch ohne gehen. Wenig später erreichten wir das untere Band mit dem zweiten Couloir. Dieses war vor allem im unteren Abschnitt sehr brüchig, und auch wenn wir uns noch so Mühe gaben, es war unmöglich keine Steine auszulösen. Hier also unbedingt einen Helm aufsetzen und Augen und Ohren offen halten. Nachdem wir weitere Schutthalden gequert hatten und abgestiegen waren, erreichten wir schliesslich die Furggle Pkt. 2057m, und hatten nun endlich wieder sicheren Boden unter den Füssen.
(Kombinierter Abstieg zur Furggle Pkt. 2057m)
Nach dem Wechsel ins kurz/kurz Tenü machten wir uns auf den Weg Richtung Vorder Glärnisch 2328m. Es waren zwar lediglich 300 Höhenmeter, meine Beine fühlen sich aber unterdessen an wie Blei, und es brauchte Überwindung mich an Adrians Fersen zu heften. Er wollte es noch einmal wissen. Schweissgebadet erreichten wir den Gipfel. Es folgte eine längere Pause, bevor wir uns an den steilen Abstieg nach Hinter Saggberg machten, und sich der Kreis wieder schliessen konnte.
(Das 1. Abstiegscouloir unter dem Höchtor || Vor dem unteren Band, es ist nicht mehr weit bis zur Furggle)
//Fazit
Das Palmares wurde wieder einmal um eine grandiose Rundtour reicher! Die Tour wie wir sie gemacht haben ist jenen anzuraten, die eine T6 mit abschüssigen Passagen und zweifelhaftem Fels auch im Abstieg problemlos meistert. Ortskenntnisse sind ebenfalls von Vorteil, die Routenfindung ist nicht ganz trivial, weder im Chalttäli noch im Übergang zur Furggle.
Die Chalttäli Route wird ihrem liebevollen Namen eigentlich nicht gerecht; es handelt sich um eine waschechte und ernsthafte Nordwand. Die Schwierigkeiten hängen stark von den Verhältnissen ab. Bei gutem Trittschnee fast schon für jedermann/frau machbar, bei Hartschnee, Eis oder Ausaperung im Ausstiegscouloir kann es rasch zu einer ernsthaften Angelegenheit werden. Die Exponiertheit dagegen bleibt immer die Gleiche, Ausrutscher darf man sich hier kaum leisten.
Wir hatten heute gute bis sehr gute Bedingungen vorgefunden im Chalttäli. Bis zum Chnorren Pkt. 2210m aper, danach durchgehend Trittschnee, wenn auch etwas weich. Das Ausstiegscouloir war noch tief verschneit und ohne jeglichen Felskontakt. Im Abstieg zur Furggle lag noch etwas Schnee in den steinschlägigen Rinnen, was sicher auch kein Nachteil war.
(Rückblick zum Höchtor und Guppengrat || Vorder Glärnisch mit Klöntalersee)
//Facts:
- Route: Hinter Sackberg - Tschingel - Mittelstafel - Sätz - Chalttäli - Chnorren - Chrumme Würm - Oberes Band - Schwandergrat - Vrenelisgärtli - Guppengrat - Chanzle - Guppenfirn - Unteres Höchtor - Furggle - Vorder Glärnisch - Glärnischplangge - Stäfeli - Hinter Sackberg.
- Distanz: 15.4km
- Höhenmeter: 2220m
- Schnittpuls: 101bpm
- Maxpuls: 140bpm
- Verpflegung: 2 Sandwich, 1 Energieriegel, 1l Iso, 1l Sirup
- Ausrüstung: Leichte Bergschuhe (Salomon S-Lab X Alp Carbon 2), Leichte Steigeisen (Petzl Irvis Hybrid), 2 Eisgeräte, Helm, Klettergurt, 2x 15m Reepschnur, kurze Reepschnüre, Leichte Wetterschutzjacke, Smartphone inkl. Swiss Map Mobile.
- Terrain: 40% Berg- und Wanderwege, 60% weglos (oder alpine Routen).
//Die Schwierigkeiten:
- Aufstieg zum Chnorren Pkt. 2210m T6, II: Steilgras, kurz vor dem Chnorren eine Kletterstelle, welche ev. links umgangen werden könnte. Komplexe Routenfindung.
- Chnorren zum Schwandergrat ZS+, III: Unmittelbar nach dem Chnorren kurze Kletterstelle bei den Chrumme Würm um auf ein Band zu gelangen, welches Zugang zum linken (Umgehungs)Couloir vermittelt. Anschliessend exponiertes Steig- und Gehgelände bis zum Schwandergrat, die Schwierigkeiten sind stark verhältnisabhängig. Ausstieg 400 Höhenmeter und bis zu 55 Grad steil.
- Guppengrat T6, II: Sehr ausgesetzt und etwas brüchig, vor- und umsichtiges abklettern ist angebracht.
- Chanzle Pkt. 2610m - Unteres Höchtor Pkt 2269m - Furggle Pkt. 2057m T6, III: Komplexe Wegfindung, Couloirs sehr steinschlägig, 20m Reepschnur als Geländerseil kann helfen. Helm tragen! Routenverlauf Unteres Höchtor bis zur Furggle: klick!
//Die Zeiten:
- Start Hinter Sackberg Pkt. 1048m um 04:34 Uhr.
- Zwischenzeit Vrenelisgärtli 2905m um 08:21 Uhr.
- Zwischenzeit Vorder Glärnisch 2328m um 11:16 Uhr.
- Ankunft Hinter Sackberg Pkt. 1048m um 12:36 Uhr.
- Total mit Pausen: 8:02 Std.
--
GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Tour können hier heruntergeladen werden (gpx file).
--
Bemerkungen:
(Chalttäli)
Livecam vom Säntis-Sepp Richtung Glärnisch und Chalttäli: klick!
Frei verfügbare Topos vom Glärnisch zu finden in der 10. Auflage des SAC-Alpinführers Glarner Alpen: klick!
Eine weitere Traumtour im Gebiet: klick! Oder dann über die Chrumme Würm: klick!
 |
|
|
|
|