//Motivation
Nachdem ich dieses Jahr schon einige, etwas technischere Bergtouren komfortabel meistern konnte, wollte ich die zurückerlangte Sicherheit nutzen, um zusammen mit Max die Dent Blanche über den Südgrat zu besteigen. Die Schwierigkeiten waren überschaubar, und bei guten Verhältnissen, wie wir sie uns erhofften, sollte uns die Kletterei vor keine grösseren Probleme stellen. Allerdings blieben wir dem Gedanken treu, den Gipfel von ganz unten, also von Ferpècle aus, zu besteigen. Somit würde uns die Tour auch konditionell etwas fordern.
(Südgrat Action || Grand Gendarme || Gipfel mit Dent d'Hérens im Hintergrund 🤘)
//Tour
Nach einer kurzen Nacht im Kofferraum sind wir um 2:15 Uhr in Ferpècle gestartet. Die Temperaturen fielen auch in der Nacht nicht unter 15 Grad, so konnten wir von Beginn an im T-Shirt starten.
Hier einige Details über den Zustieg zur Cabane de la Dent Blanche (Cabane Rossier) 3506m: Ab Ferpècle den Wegweisern Richtung Bivouac / Cabane Rossier folgen (nicht Richtung Glacier!). Im Dunkeln trotz vieler Markierungen relativ schwierige Wegfindung durch die Geröllfelder an den Ausläufern des Glacier des Manzettes. Beim Roc Noir konnten wir bereits viele Stirnlampen ausmachen, die sich im Bereich der Wandfluelücke Richtung Südgrat bewegten. Nach 2:50 Std erreichten wir die Hütte und deponierten unsere Stöcke.
Hinter der Hütte folgten die ersten Kletterstellen im 2. Grad, anschliessend im Firn, einigen Spalten ausweichend hinauf zur Wandfluelücke Pkt. 3704m. Anschliessend meistens Gehgelände direkt über den Südgrat hinauf zu Pkt. 3882m. Nun mit Steigeisen an den Fuss des Dent Blanche Südgrates oder auch Wandfluegrates. Am Fusse des Südgrates deponierten wir (wie alle) Steigeisen und Pickel, der Grat war furztrocken und machte diese Eis-Kletterhilfen obsolet.
(Dent Blanche 4358m Gipfel 😎)
Bis zum Grand Gendarme Pkt. 4097m meist Gehgelände und einige einfache Kletterstellen. Den Grand Gendarme hatten wir am laufenden Seil links umgangen, und dabei gleich noch einige Seilschaften überholt. Das geht dort ganz gut. Der Ausstieg auf den Grat verlangte erstmals etwas festeres zupacken. Die folgenden Türme hatten wir nun alle direkt überklettert, fantastische Kletterei und super Fels versetzten uns in Beinahe-Extase! Ab und zu gab es einen Bohrhaken zum sichern, ansonsten konnten gut Schlingen oder auch Friends angebracht werden. Auch hier kletterten wir am laufenden Seil, einfach immer mit 1-2 Sicherungen dazwischen. Die Schwierigkeiten würde ich hier teilweise sogar im unteren 4. Grad ansiedeln. Den letzten Turm umgingen wir über Platten in der Westseite (Bh). Als sich das Gelände zurücklegte und die Schwierigkeiten vorbei waren, deponierten wir unser Seil und kletterten seilfrei dem Gipfel entgegen. Das Herz pumpte und es war super anstrengend, doch wir konnten die hohe Pace halten und erreichten wenig später das Kreuz, unmittelbar hinter den ersten, von der Hütte gestarteten Seilschaften. Ohne zu hetzen benötigten wir lediglich 5:30 Std. von Ferpècle bis auf den Gipfel der Dent Blanche, das durfte sich durchaus sehen lassen. Nun genossen wir den Augenblick der Ruhe, und sogen das grandiose Panorama in uns auf.
(Abstieg)
(Abstieg und Abseiler in die Westflanke)
Wir hielten die Anspannung allerdings aufrecht, denn der Abstieg würde ebenso anspruchsvoll sein wie der Aufstieg. Zuerst zurück zum Seildepot, dann vom Turm 30m in die Westflanke abgeseilt bis zu einem Normalhaken. Nun vorsichtig zurück zum Grat gequert, die Friends und Schlingen leisteten hier gute Dienste. Es folgten weitere Abkletterstellen, bis wir einen Turm ostseitig auf Wegspuren umgingen. Danach weitere Kletterstellen bis zum Grand Gendarme. Hier nochmal abgeseilt in die Westflanke zu den Eistenstiften. Anschliessend seilfrei abgeklettert und zurück zum Grat gequert. In einfacher Kraxelei zurück zum Einstieg und Steigeisen Depot. Angeseilt via Wandfluelücke Pkt. 3704m bis zum Felssporn, dann in einfacher Kletterei hinab zur Hütte.
Nach einer frischen Cola machten wir uns an den weiteren Abstieg Richtung Tal. Und dies wurde nochmal richtig lang, im oberen Abschnitt konnten wir immerhin knieschonend einige Schneefelder hinabsurfen. Danach folgten viele Geröllfelder, bevor wir uns auf dem unterdessen gangbaren Weg nach Bricola befanden. Die Mittagshitze mit Temperaturen gegen die 30 Grad (auf über 2000m!) setzte uns zu, nun galt es durchzuhalten. Nachdem wir uns mit frischem Quellwasser versorgen konnten, liefen wir zügig hinab nach Ferpècle.
(Abstieg am Südgrat und unterhalb Wandfluelücke)
//Fazit
Ein weiterer, grosser Alpengipfel, welchen wir im Valley-to-Summit Stil begehen konnten!
Tolle, teils recht luftige Kletterei am Wandfluegrat, und grandiose Aussicht! Der kletterfreundliche Fels ist in Gratnähe meist bombenfest, in den Flanken (Umgehungsvarianten) dagegen brüchig. Es herrschten perfekte, trockene Verhältnisse am Grat. Auf dem Gipfel windstill, für die Tour reichte heute ein dünner Pulver (die Nullgradgrenze lag bei 5000m)! Der Abstieg ist ebenso anspruchsvoll und zeitintensiv wie der Aufstieg, flinkes Seilhandling vorausgesetzt, schafft man den Abstieg über den Wandfluegrat in 2h.
//Die Zeiten:
- Start Ferpècle Pkt. 1826m um 02:15 Uhr.
- Zwischenzeit Cabane de la Dent Blanche Pkt. 3506m um 05:05 Uhr. (2:50 Std.)
- Ankunft Dent Blanche 4358m um 07:49 Uhr. (2:44 Std. ab Hütte, 5:34 Std ab Ferpècle)
- Start Dent Blanche 4358m um 08:01 Uhr.
- Zwischenzeit Cab. de la Dent Blanche Pkt. 3506m um 10:23 Uhr. (2:22 Std. ab Gipfel)
- Ankunft Ferpècle Pkt. 1826m um 12:50 Uhr.
- Total mit Pausen: 10:35 Std.
(Pause mit Aussicht || Spannende Bachquerung)
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GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Tour können hier heruntergeladen werden (gpx file).
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Bemerkungen:
Der Dent Blanche Südgrat auf Camptocamp (C2C): klick
Max hatte mich gefragt was mir besser gefallen hatte, der Matterhorn Hörnligrat oder der Dent Blanche Südgrat? Schwierig zu sagen. Am Hörnligrat gab es ebenso viele, schöne Kletterstellen, und auf der Ideallinie, die wir, zumindest im Aufstieg, gut getroffen hatten, war der Fels, allen Unkenrufen zum trotz, meist bombenfest. Die Kletterei an der Dent Blanche empfand ich als etwas anhaltender und homogener, und der Fels war trotzdem von besserer Qualität. Dafür war die Wegführung am Horu etwas anspruchsvoller und die Ausgesetztheit durchwegs spürbar, während man an der Dent Blanche, vor allem in Gipfelnähe, auch mal etwas entspannen konnte und nicht gleich vom Grat herunterzufallen drohte. So oder so, beide sind sie grossartige Touren und gehören ins Palmares jedes semi-ambitionierten Bergsteigers.
Wie auch immer, die Tour ist trotzdem nicht zu unterschätzen und verlangt Erfahrung am Berg. Eine Woche später kam es am Südgrat zu einem tödlichen Absturz: klick!