//Motivation
Weil es vor einer Woche an der Dent Blanche 4358m so gut geklappt hatte, wollten wir gleich nochmal einen drauf setzen, und einen weiteren, stolzen 4000er Gipfel unserem Palmares hinzufügen. Die Besteigung sollte wiederum in einem Tag, vom Tal auf den Gipfel und zurück, erfolgen.
Es sollte das Ober Gabelhorn 4064m sein. Anbieten würde sich grundsätzlich die Überschreitung: Arbengrat im Aufstieg und ENE-Grat (Wellenkuppe) im Abstieg. Da wir uns aber nicht sicher waren, ob wir als ortsunkundige den Aufstieg zum Arbenbiwak 3224m im Dunkeln fänden, und die Tour dann vielleicht doch etwas zu ausgedehnt würde, wollten wir uns mit dem Auf- und Abstieg über die Wellenkuppe 3899m begnügen. Ein weiterer Vorteil war, dass wir im Aufstieg bereits über die Verhältnisse am NE-Grat Bescheid wussten (Firn, Eis) und uns dementsprechend einstellen könnten.
So reisten wir am Vorabend nach Zermatt, installierten uns auf dem Bergsteiger Camping, und füllten anschliessend unsere Kohlehydrat-Speicher. Dann legten wir uns schlafen.
(Klettern mit Aussicht 🤘)
//Tour
Nach einer kurzen Nacht im Zelt sind wir um 02:45 Uhr beim Bahnhof Zermatt gestartet. Während das Dorf immer noch in Partylaune war, machten wir uns, angefeuert von betrunkenen allez-hopp Rufen (siehe Video unten), auf den Weg Richtung Rothornhütte 3197m. Nach wenigen Minuten folgte bereits eine erste Überraschung: der direkte Wanderweg durch die Triftschlucht Richtung Trift war wegen Hochwasserschäden an der Brücke gesperrt. Ein spontaner Umweg kam für uns jedoch nicht in Frage, deshalb beschritten wir den Weg trotzdem. Der Triftbach war problemlos trockenen Fusses zu überwinden, und das wäre es dann schon gewesen. Für einen durchschnittlichen Wanderer also kein Problem. Weiter gings im Schein der Stirnlampen am Restaurant Edelweiss vorbei nach Trift, und mit einer soliden Pace die Serpentinen hinauf zur Rothornhütte 3197m. Die Hütte war bereits wieder am schlafen, denn die Gipfelaspiranten waren schon lange ausgeflogen. Sie waren alle Richtung Zinalrothorn 4222m unterwegs, wir waren demnach die einzige Seilschaft, die das Ober Gabelhorn 4064m angehen würde, zumindest von dieser Seite. Hier oben war es nun deutlich frischer als unten im Tal, wir fröstelten und mussten uns in die Wärmeschicht werfen.
(Auf der Wellenkuppe 3899m 😍)
Nach einer kurzen Pause setzten wir den Anstieg fort. Die anfänglichen Orientierungsschwierigkeiten überwunden, fanden wir bald eine Trittspur, und stiegen angeseilt den Triftgletscher empor. Die Spaltenzone war gut zu passieren, auch wenn sich bereits einige Spalten und Löcher zeigten. Der letzte Steilhang hinauf zur Schneeschulter war dank Trittschnee ebenfalls einfach zu begehen. Danach ging es endlich zur Sache. Es begann die Kletterei hinauf zur Wellenkuppe.
Ohne Anhaltspunkte hatten wir erneut Schwierigkeiten uns zwischen den Türmen und Schutthängen zu orientieren. Nach einem Verhauer fanden wir schlussendlich den richtigen Durchgang. Hier eine kurze Beschreibung: Blickt man von der Schneeschulter 3630m auf die vordersten zwei Türme, so muss man diese beiden links umgehen (Wegspuren) und umklettern. Wir hatten es zuerst in der Verschneidung zwischen dem 1. und 2. Turm versucht, die Kletterei entpuppte sich aber als ordentlich (zu) schwierig. Hinter dem 2. Turm stiessen wir dann wieder auf die richtige Route. Wir kraxelten hoch zur Verschneidung (mit Fixseil), und kletterten durch diese hoch auf den Grat (III, ohne Benutzung des Seils). Nun weiter alles dem Grat entlang in schöner und gutmütiger Kletterei (II). Es gibt immer mal wieder Schlingenstände zum sichern. Meist ist der Fels fest, es gibt aber auch immer mal wieder brüchige Passagen. Vorsicht wenn mehrere Seilschaften unterwegs sind! Dank der Stände und Steinmänner war die Wegfindung in diesem Bereich einfach, und so gelangten wir schon bald an den Fuss der Firnhaube, welche den Gipfel der Wellenkuppe 3899m vermittelte. Mit Steigeisen und Pickel erreichten wir in wenigen Minuten den höchsten Punkt.
(Kluckerturm Action 🤘)
Wir genossen die tolle Aussicht auf das Matterhorn und den Ober Gabelhorn Nordostgrat, von hier schien der Gipfel zum greifen nah, doch wir wussten, dass dieser zuerst noch verdient sein wollte. Nach einer kurzen Fotopause setzten wir die Reise fort. Es folgte ein kurzer Abstieg in die Einsattelung Pkt. 3823m (Vorsicht vor heimtückischen Löchern und überhängenden Wechten), bevor der Grat aufsteilend direkt an den Fuss des Grand Gendarme (Kluckerturm) führte. Dessen nordseitige Umgehung war keine Option, stattdessen nahmen wir die Turnerei an den Fixseilen in Angriff. Das Hangeln an den Seilen war nicht schwierig, ging aber trotzdem ganz schön in die Arme. Die Steigeisen behielten wir aus Bequemlichkeit an den Füssen, da wir diese im Anschluss sowieso wieder brauchten. Zwischensicherungen konnten problemlos angebracht werden. Nach einigen leichten Metern auf der Grathöhe folgte auf der anderen Seite des Turms eine kurze Abkletterstelle (ca. 3m, gute Griffe und Tritte).
(Auf dem Ober Gabelhorn 4064m 😎)
Nun folgte ein weiterer, exponierter Schneegrat (Vorsicht Wechten), welcher zu den Gipfelfelsen führte. Gutmütige Kletterei und schöner Fels führte uns bis kurz unter der Gabel. Wir kreuzten hier einige Seilschaften, die über den Arbengrat auf den Gipfel geklettert waren und sich nun im Abstieg befanden. Kurz unter der Gabel musste schliesslich eine 5m hohe Plattenstelle gemeistert werden (Foto). Zum Halten bedient man sich an der stumpfen Piazschuppe rechts davon. Mit dem Rücken kann man da ebenfalls dagegen stemmen. Ich würde die Stelle mit einer glatten IV bewerten, das war ziemlich engagé! Wenn möglich ohne Steigeisen klettern. Bergführer dürften mit ihren Gästen hier oftmals Mühe bekunden. Gleich anschliessend folgt eine weitere Seillänge entlang einem Riss, hier hat es aber genügend gute Tritte und Griffe.
Nach der Plattencrux, welche ich ebenfalls ohne Steigeisen bewältigte, folgten nochmal einige Kletterzüge, doch dann war der Weg frei, und wir erreichten nach wenigen Schritten den Gipfel des Ober Gabelhorns 4064m.
(Panorama total || Abseilen mit Tiefblick 😎)
Dieser Gipfel wollte nun wirklich verdient sein, ohne zu trödeln benötigten wir über 6h für den Aufstieg! Wir genossen den Moment der Ruhe, aber nicht viel länger als einen Augenblick, denn wir wollten die Spannung und Konzentration aufrecht erhalten für den langen und schwierigen Abstieg. Abseilend und abkletternd gelangten wir zügig hinunter zum Firngrat, und schon bald befanden wir uns wieder auf dem Kluckerturm am Ende der Fixseile. Wie Affen hangelten wir uns die Seile hinunter (während wir uns gegenseitig sicherten), und hatten auch dieses Hindernis bald überwunden. Nach kurzem Gegenanstieg waren wir zurück auf der Wellenkuppe. Unterdessen hatten wir die ersten Seilschaften bereits wieder eingeholt. Der Abstieg von der Wellenkuppe war ebenfalls eine Kombination aus diversen Abseilmanövern und Abkletterei. Der Fels war nun brüchiger und man musste behutsam vorgehen um Steinschlag zu vermeiden.
Auf dem Schneesattel angekommen konnten wir endlich durchatmen, der restliche Abstieg war nun bloss noch Ausdauer- und Fleissarbeit. Bei der Rothornhütte legten wir eine kurze Pause ein, bevor wir in einem Zug hinunter nach Zermatt liefen. Das kühle Bier danach hatte schon lange nicht mehr so gut geschmeckt!
(Mountain high 😎)
//Fazit
Es ist ein Privileg, wenn man mit einem Partner unterwegs sein darf, der die selbe Leidenschaft für die Berge verspürt wie man selber, und physisch und technisch ebenso auf Augenhöhe steht. Es hatte wieder einmal perfekt funktioniert und harmoniert, danke Max!
Auch wenn wir das Ober Gabelhorn nicht überschritten hatten, sondern dieselbe Route auch im Abstieg begangen hatten, war es eine erstklassige Tour. Wir trafen auf perfekte Verhältnisse: Am Firngrat Trittschnee und eine gute Spur, trockener Fels zum klettern und angenehme Temperaturen (nicht zu kalt aber auch nicht zu warm), kaum Wind. Auf dem Triftgletscher waren die Spalten und Löcher gut sichtbar und problemlos zu überwinden.
Während am Zinalrothorn Grossandrang herrschte, waren am Ober Gabelhorn lediglich sechs Seilschaften am Berg. Fünf Seilschaften kamen über den Arbengrat und sind über die Wellenkuppe abgestiegen. Wir waren die Einzigen, die auch über die Wellenkuppe aufgestiegen sind.
Die Tour ist in seiner Länge nicht zu unterschätzen, und die Kletterstellen sind einen Tick schwieriger als beispielsweise am Dent Blanche Südgrat! Zudem mehr kombiniertes Gelände, klettern teilweise auch mit Steigeisen! In den Felspassagen sind ausreichend Schlingenstände und Sicherungsstangen vorhanden.
//Die Zeiten:
- Start Zermatt Bhf Pkt. 1605m um 02:46 Uhr.
- Zwischenzeit Rothornhütte Pkt. 3197m um 05:00 Uhr. (-> 15min Pause)
- Zwischenzeit Wellenkuppe Sattel 3640m um 06:28 Uhr.
- Zwischenzeit Wellenkuppe 3899m um 07:35 Uhr.
- Zwischenzeit Ober Gabelhorn 4064m um 09:07 Uhr. (6:21 Std.)
- Zwischenzeit Wellenkuppe 3899m um 10:54 Uhr.
- Zwischenzeit Rothornhütte Pkt. 3197m um 12:17 Uhr.
- Ankunft Zermatt Pkt. 1605m um 14:08 Uhr.
- Total mit Pausen: 11:22 Std.
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GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Tour können hier heruntergeladen werden (gpx file).
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Bemerkungen:
Die Kletterstellen am Ober Gabelhorn 4064m empfanden wir als einen Tick schwieriger als am Dent Blanche Südgrat! Zudem kombiniertes Gelände, klettern auch mit Steigeisen erforderlich. Der Firngrat ist sehr ausgesetzt, hier sollte man bei der Sache bleiben!
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