Älplihorn 3005m, Leidbachhorn 2907m & Marchhüreli 2577m, mit Sam
(Die letzten Meter zum Älplihorn 3005m)
//Motivation
Vor ungefähr 12 Stunden, auf dem Geissweidengrat 2515m, hatten wir den Plan gefasst, es heute mit dem Leidbachhorn 2907m zu versuchen. Es war einer der wenigen, von mir noch unbestiegenen Gipfel in der Davoser Gegend.
Da wir von Monstein aus starteten war klar, dass wir zuerst noch das Älplihorn 3005m mitnehmen würden, von dieser Kombi träumte ich schon lange. Die Lawinenstufe lag allerdings immer noch auf 3 (erheblich), so gab es zwei Unbekannte auf dieser Tour: 1.) Der Übergang vom Mitteltälli ins Leidbachtälli, hier mussten wir einen steilen, noch unbefahrenen Nordhang abfahren, welcher kurzzeitig die 30° Grad überschritt. 2.) Das Tiertällicouloir; es war im oberen Abschnitt sicher 40° steil und grundsätzlich tabu bei Erheblich (falls noch niemand runtergefahren war).
Beides wollten und konnten wir allerdings erst vor Ort entscheiden, ob wir es tun oder lassen sollten, somit wagten wir uns dennoch an dieses Vorhaben.
(Abfahrt ins Mitteltälli und Gegenanstieg zum Übergang Pkt. 2647m)
//Tour
Start in Monstein zu früher Stunde. Zügig via Oberalp und Fanezmeder ins Bärentälli. Wir folgten der gut angelegten Spur die steile Südflanke hinauf zum Mitteltälligrat. Eigentlich war es recht erstaunlich, dass sich bei erheblicher Lawinengefahr bereits soviele Tourengänger an diesen durchaus lawinösen Hang wagten. Bei Erheblich kam es hier auch schon zu kleineren Zwischenfällen. Die Leute (uns eingeschlossen) schätzten die Situation wohl als nicht mehr so kritisch ein, und wollten offenbar nicht länger warten bis das Bulletin auf Stufe 2 fiel.
Wir folgten dem abgeblasenen Mitteltälligrat mit Ski bis zu den Felsen, dann weiter zu Fuss mit aufgebundenen Skis bis zum Vorgipfel. Hier endete die Spur, unsere Vorgänger hatten sich damit begnügt, obschon der Hauptgipfel mit Steinmann zum greifen nah schien. Bis zum Steinmann galt es allerdings einige Felsen links/westseitig in der steilen Flanke zu umgehen, mit einigen leichten Kletterstellen. Mit dem eingeblasenen Schnee schaute dies ziemlich wild aus, wenn man die Felsen allerdings freiputzte und die Griffe sichtbar wurden, war alles halb so schlimm. Nach Minuten der Wühlerei gelangten wir zum höchsten Punkt.
(Abfahrt und Anstieg im Leidbachtal)
Der Rückweg zum Skidepot war nun ein Kinderspiel. Anschliessend machten wir uns startklar für die Abfahrt ins Mitteltälli. Wir genossen die steilen Hänge in gut gesetztem Pulverschnee, und gelangten mit brennenden Oberschenkeln hinab in den Talboden.
Nach einem Carbo Reload legten wir ein Spur hinauf zum Sattel Pkt. 2647m. Die Hänge waren zwar recht steil, aber durch die südseitige Expostion waren diese bereits gut gesetzt. Der Blick von Pkt. 2647m hinab ins Leidbachtal bestätigte uns, dass die Abfahrt problemlos vonstattengehen dürfte, die erste Unbekannte (siehe oben) konnten wir somit ausschliessen.
Nach mehrmaligem Antesten der Schneedecke bekamen wir grünes Licht, und fuhren in der Folge den schönen Nordhang hinab ins Leidbachtal. Der seidenfeine Pulverschnee brachte die Glückshormone zum tanzen! Leider war die Abfahrt viel zu kurz, und schon bald galt es die Felle wieder unter die Ski zu kleben.
(Kraxelei am Leidbachhorn SW-Grat)
Es folgte der Anstieg Richtung Leidbachfurgga Pkt. 2727m. Bereits nach wenigen Metern gelangten wir auf die Aufstiegsspur, welche wir gestern ausmachen konnten. Wir folgten der schön angelegten Skispur hinauf zur Westschulter des Leidbachhorns, und weiter den Fussspuren zu Pkt. 2876m.
Nun wurde die Vorahnung zur Gewissheit: Unsere Vorgänger sind nicht auf den Gipfel gestiegen, sondern von diesem Punkt durch eines der steilen NW-Couloirs ins Wassertälli abgefahren. Da wir noch sehr gut im Zeitplan lagen, wollten wir es nicht gleichtun, sondern einen Gipfelversuch wagen.
Der Anstieg zog sich in die Länge, und ohne Steigeisen war es stellenweise gar nicht so ohne. Viele eingeblasene Stellen verlangten Wühlerei, und einige Felsen mussten unschwierig überklettert werden. Erst der letzte Aufschwung verlangte etwas Vorsicht, stürzen wäre dort eher ungünstig. Nach 38 Minuten ab Skidepot gelangten wir zum Gipfelsteinmann.
(Tiertällicouloir aka NE-Couloir Action 😎)
Nur kurz genossen wir den Gipfelerfolg, und legten den Fokus sogleich auf den nächsten Abschnitt. Es galt das Tiertällicouloir (NE-Couloir) ausfindig zu machen, denn dieses war vom Gipfel noch nicht einzusehen. Es konnte sich aber nur vor uns befinden, denn linkerhand befand sich die Westflanke und rechterhand die Ostflanke. Wir folgten somit zu Fuss dem Grat und stiegen dabei einige Meter ab, querten die nächste Erhebung rechterhand, und gelangten so zu einer Schulter, von welcher wir tatsächlich ins Couloir hinabblicken konnten. Wir waren auf Kurs!
Doch nun mussten wir eine Entscheidung treffen: Tatsächlich das Couloir abfahren, oder zum Vorgipfel Pkt. 2876m zurückklettern. Auf Letzteres hatten wir klar weniger Lust, aber falls wir es zu heikel erachteten, wären wir nicht müssig diese Bürde auf uns zu nehmen. Wir waren uns allerdings sicher, dass es mit dem Couloir gut kommen würde, Triebschnee war keiner zu erkennen, und die Schneedecke sollte, wie schon bei anderen Steilhängen in der Region, stabil sein. Klar, sicher konnte man nie sein, aber wir waren uns einig es zu versuchen.
Nach einem ersten Belastungstest stachen wir das Couloir hinab. Nach ersten, noch zaghaften Schwüngen folgte die Gewissheit, dass alles im grünen Bereich war, bis auf etwas Lockerschnee (Sluff) rutschte hier gar nichts. So gab es schliesslich kein Halten mehr, und wir liessen die Skier laufen bis auf ca. 2300m.
Während hier wahrscheinlich alle die weitere Abfahrt nach Sertig wählten, waren wir wohl die Einzigen (Dummen), welche noch einmal anfellten, und den Gegenanstieg zum Marchhüreli 2577m in Angriff nahmen, damit wir letztendlich ins Skigebiet Rinerhorn gelangten. Leicht angezählt erreichten wir schliesslich das Marchhüreli, und fuhren anschliessend die Skipisten hinab nach Glaris zum geparkten Auto. Zur Feier des Tages gab es beim Bolgen später ein Kafi Güggs.
//Fazit:
Genialer Link-up von Älplihorn und Leidbachhorn, heute mit knackigen Gipfelgraten und Tiertällicouloir Firstlines bei fantastischen Schneeverhältnissen, was für ein Tag!
Unsere Überlegungen, weshalb wir uns trotz Stufe 3 für die Abfahrt durch das steile Tiertällicouloir entschieden hatten. Stufe 3 bestand nun schon seit 1 Woche, hauptsächlich aufgrund der Altschnee Problematik. Triebschnee war nicht das Problem. Unterdessen hatten wir in der Region schon viele, bis zu 40° Grad steile Hänge befahren und nie kritische Zeichen wahrgenommen. Als wir das Couloir hinab blickten, sahen wir keine eingeblasenen Stellen und hatten die Schneedecke als stabil und sicher eingeschätzt.
//Die Schwierigkeiten:
- Älplihorn: Die letzten Meter zum Steinmann setzen gewisse alpine Fähigkeiten voraus, v.a. wenn man diesen Abschnitt einspuren muss.
- Leidbachhorn: Skiaufstieg bis kurz unter dem Vorgipfel Pkt. 2876m ZS. Der Blockgrat zum Hauptgipfel setzt alpine Fähigkeiten voraus (WS+, im Sommer T5-). Das Gelände ist allerdings nie wirklich ausgesetzt. Je nach Verhältnissen können Steigeisen und Pickel dienlich sein.
- Leidbachhorn NE-Couloir aka Tiertällicouloir S+: Einfahrt und erste 250 Höhenmeter über 40° steil, danach flach auslaufend.
//Die Zeiten:
- Start Monstein Hof Pkt. 1580m um 08:08 Uhr.
- Ankunft Älplihorn 3005m um 10:12 Uhr.
- Zwischenzeit Bodmen (Leidbachtal) 2460m um 11:02 Uhr.
- Ankunft Leidbachhorn 2907m um 12:19 Uhr.
- Ankunft Marchhüreli 2577m um 13:28 Uhr.
- Ankunft Glaris Pkt. 1457m um 13:50 Uhr.
- Total mit Pausen: 5:42 Std.
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GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Tour können hier heruntergeladen werden (gpx file).
Bemerkungen:
Wildschutz beachten: klick —> Die Abfahrt von der Leidbachfurgga Pkt. 2727m nach Sertig ist zur Zeit leider tabu (ebenso der Aufstieg)! Genauso wie die reizvolle Abfahrt vom Älplihorn durch das steile NE-Couloir.
Weitere Projekte am Leidbachhorn: Abfahrt (mittleres) NW-Couloir ins Wassertälli —> Der Schnee wird relativ lange konserviert, sprich er bleibt länger pulvrig.