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 | Tourendetails Lenzspitze 4294m NNE-Wand - Überschreitung zum Nadelhorn 4327m |
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Tourenart | Nordwand |
Datum | 01.08.2011 |
Region | |
Kartennummer | 1328 Randa, SAC Clubführer Hochtouren im Wallis |
Link zum Kartendienst |  |
Erstbesteigung | Dietrich von Bethmann-Hollweg, mit den Führern Oskar und Otmar Supersaxo, 7. Juli 1911 |
Gestein | Granit/Gneis |
Anforderung | S, III+ |
Besucherandrang | Mässig frequentiert |
Gletscher | Vorsicht: Tour führt über Gletscher, anseilen kann erforderlich sein! |
Kondition | A |
Höhenmeter | 1000m 2000m |
Exposition | N-NE |
Ideale Zeit | Frühsommer |
Gipfel erreicht? | Ja |
Bewertung (Erlebniswert) | Deluxe! |
Beschreibung | Lenzspitze 4294m NNE-Wand (Dreieselswand) - Überschreitung zum Nadelhorn 4327m, mit Bruno
(Lenzspitze 4294m - Dreieselswand)
Sonntag, 31.07.2011
Anreise nach Saas Fee und mit der Gondelbahn gemütlich auf die Hannigalp 2350m. Um 12.30 Uhr sind wir Richtung Mischabelhütte 3340m gestartet. Auf dem sanft beginnenden, dann immer steiler werdenden Hüttenweg (T4) resp. Klettersteig (K1) in zwei Stunden hinauf zur Hütte, Ankunft 14.30 Uhr. Nun war relaxen, trinken, essen (in zwei Schichten), planen und schlafen angesagt. Im restlos engen Schlafsaal hatte ich vergebens auf den Schlaf gewartet...
Montag, 01.08.2011
Bereits um 02.00 Uhr hiess es aufstehen (eine Stunde später hätte unseres Erachtens auch gereicht). Das Frühstück blieb dann leider aus (da der Hüttenwart verpennt hatte), und so machten wir uns nach langem Warten um 03.00 Uhr mit leerem Magen auf die Socken. Über die Felsrippe, den Wegspuren folgend, auf den Hohbalmgletscher, anschliessend zuerst flach, dann leicht ansteigend, in westlicher Richtung bis an den Wandfuss und zum Bergschrund auf ca. 3800m. Die Orientierung in der mondlosen Nacht erwies sich als äusserst schwierig, wir standen vor einer schwarzen Wand, und hatten keine Ahnung, ob wir uns nun an der richtigen Stelle befänden um den Bergschrund zu überwinden, oder ob wir bereits zu weit rechts waren. Es waren keine Spuren ersichtlich, und es gab auch keine Stirnlampenlichter zu verfolgen. Wir wussten bloss, dass der Bergschrund eher rechts zu überwinden sei, und anschliessend nach links in die Gipfelfalllinie gequert werden sollte. Und tatsächlich produzierten wir hier einen Verhauer: Wir liessen uns zu weit nach rechts verleiten, und überquerten den Bergschrund schliesslich an der falschen Stelle (was wir aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten). Unmittelbar nach dem Bergschrund befanden wir uns in Blankeis (wir wurden geradezu überrumpelt), und mussten wohl oder übel bald einmal einen Stand einrichten und uns anseilen, denn dies war kein Gspass mehr! Unterdessen erreichte eine zweite Seilschaft den Wandfuss, welche den Bergschrund ca. 100m links von uns überwand, und scheinbar mühelos und zügig an uns vorbeizog. Wir dageben mussten nun improvisieren, irgendwie sollten wir doch über den Felsriegel gelangen, und nach links queren können?! Auf ein heikles Abklettern oder umständliches Abalakov-Manöver hatten wir keine Lust. Somit zuerst etwa 60m im 50° steilem Eis hochgestiegen (zwei Eisschrauben gesetzt) bis auf einen Absatz, anschliessend in kombiniertem, aber nicht allzu schwierigen Gelände horizontal nach links traversiert, einige brüchige Felsen überkletternd (Friends und Schlingen waren nützlich), bis zu einem markanten Schneeband, über welches wir unschwierig zurück in die Hauptwand gelangen konnten. Es war unterdessen 05.20 Uhr und der Tag war angebrochen, so konnten wir sehen, dass wir wieder auf Kurs waren. Da wir alles am voll ausgegebenen, laufenden Seil geklettert hatten, hielt sich der Zeitverlust in Grenzen, und wir waren mit der Gipfelbesteigung zwar etwas verspätet, aber immer noch im grünen Bereich. Nun hatten wir uns losgeseilt, und sind in bestem Trittschnee durch die durchgehend 50° steile Wand gestiegen. Dies ging nun umso zügiger, und auf halbem Weg konnten wir schliesslich auch in die Aufstiegsspur der vorangehenden Seilschaft stossen. Über die grandiose Himmelsleiter stiegen wir im rechten Wandteil, die Morgensonne im Rücken, seilfrei bis auf ca. 4150m hoch, wo wir uns schliesslich doch noch einmal angeseilt hatten, um die letzten Meter mit nur noch dünner Schneeauflage gesichert aufzusteigen. Wieder am laufenden Seil, mit einigen Zwischensicherungen, erreichten wir den schmalen Firngrat und wenige Augenblicke später, um 06.55 Uhr, erreichten wir den Gipfel der Lenzspitze 4294m.
Nach einer gemütlichen Pause auf dem schmalen, nach allen Seiten steil abfallenden Gipfel, sind wir um 07.20 Uhr über den NW-Grat Richtung Nadelhorn aufgebrochen. Südseitig war der Grat schwarz und die schönen, griffigen Kletterstellen trocken, nordseitig lag jedoch noch viel Schnee auf den meist plattigen, stellenweise recht heiklen Passagen (vor allem im Abstieg bis zum Nadeljoch), somit kletterten wir bis vor den grossen Gendarmen mit Steigeisen, und auch der Pickel kam immer mal wieder zum Einsatz. Der Gendarm war dann super zu klettern und perfekt abzusichern, und auch die anderen Türme boten herrliche Genusskletterei! Nordseitig hatten wir Dank der fix installierten Sicherungsstangen jeweils abgeseilt. Auf dem Grat die ganze Zeit über GRAND BEAU, während den Abseilmanövern blieb genügend Zeit, um das super Panorama zu geniessen! Auch wenn wir etwas die Höhe spürten, hatten wir nicht gerade rumgetrödelt und die Seilmanöver im Griff, trotzdem brauchten wir für die Überschreitung etwas mehr als drei Stunden, um 10.30 Uhr erreichten wir den Gipfel des Nadelhorns 4327m. Und diesen konnten wir, zusammen mit dem Italiener-Team, alleine geniessen (grazie Federico per le foto), denn die NE-Grat-Aspiranten waren alle schon beim Abstieg oder Hüttenkaffee...
Da wir nun aber die dünnere Luft so richtig zu spüren bekamen, hielten wir uns nicht allzu lange auf, und machten uns um 10.50 Uhr bereits wieder an den Abstieg über den NE-Grat (Normalroute, WS II). Dieser ist zwar wenig schwierig, verlangte aber immer noch gewisse Achtsamkeit, da das Gelände NW-seitig recht steil auf den Riedgletscher abfällt. Die perfekt ausgetretene Autobahn gestaltete den Abstieg aber sehr angenehm, und auch die W-seitige Umgehung der Felsen im unteren Gratabschnitt war kaum vereist und problemlos. Vom Windjoch 3850m dann in sumpfigem Schnee mühsam hinunter ins Becken des Hohbalmgletschers, und horizontal weiter bis zum Schwarzhorn Pkt. 3620m. Hier könnte man nun wieder über die felsige Rippe zur Mischabelhütte absteigen, einfacher und schneller geht es jedoch nördlich der Rippe im Firn des Hohbalmgletschers (wenn es die Verhältnisse zulassen). Auf ca. 3360m gelangten wir wieder auf die Felsrippe, und wenige Minuten später erreichten wir die Mischabelhütte, Ankunft um 12.30 Uhr.
Nun hiess es erst einmal Puls runterbringen, (viel) Tee trinken und falls möglich auch etwas essen, denn auf der ganzen Tour hatte ich nur einen Powerbar verdrückt! Dies gelang schliesslich alles viel schneller als angenommen und die Lebensgeister kehrten zurück, und so konnten wir, nachdem alle unsere Sachen verstaut waren, um 13.45 Uhr den steilen Abstieg nach Saas Fee in Angriff nehmen. Da wir bei der Hannig-Bahn ein Retour-Billet gelöst hatten, stiegen wir nicht ganz hinunter nach Saas Fee, sondern querten zuletzt wieder hinüber zur Bergstation Hannig, wo wir gegen 15.30 Uhr eintrafen. Nach einer gediegenen Kaffeepause schwebten wir knieschonend hinunter ins Tal. Mit erneuter Koffeinzufuhr gelangten wir schliesslich sicher nach Hause.
Fazit: Eine wirklich geniale Alpinfahrt, die bei guten Verhältnissen nicht nur den Extrembergsteigern vorenthalten bleibt. Allerdings kann die Sache bei schwierigen Bedingungen um einiges anspruchsvoller werden. Technisches Know-How, eine gute Kondition und Akklimatisation sind Voraussetzung für ein gutes Gelingen, so klettert man doch ein gutes Stück auf über 4000m! Bei unserer Begehung waren die Verhältnisse fast perfekt würde ich sagen, die kleinen Unanehmlichkeiten hatten wir selbst verschuldet. Merci Bruno für Deine Begleitung auf dieser GROSSEN Tour!
(Abendsicht von der Mischabelhütte auf Lenzspitze 4294m ENE-Grat und Dreieselswand)
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GPS-Profil
GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte der Überschreitung können hier heruntergeladen werden (gpx file).
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Bemerkungen:
Dank der zahlreichen Niederschläge im Juli dieses Jahres sind die Gletscher häufig noch schneebedeckt und weniger stark ausgeapert wie in anderen Jahren, was sich u.a. positiv auf den Gletscherschwund auswirkt. Und auch die Nordwände erfreuen sich immer noch einem weissen Kleid. Momentan herrschen beste Nordwandverhältnisse wie im Frühsommer!
Material: Zwei Eisgeräte und einige Eisschrauben für die Wand, für den Grat waren einige Schlingen und Friends (Cam. Gr. 0.3-1) nützlich, ein 40m-Einfachseil wäre ausreichend (hatten 50m dabei).
Der dumme Verhauer hatte uns sicher 45 Minuten gekostet, und wäre zu vermeiden gewesen: Einstieg in die Wand resp. Überwinden des Bergschrundes ziemlich direkt in der Gipfelfalllinie und nicht zu weit rechts, wie das einige Tourenberichte suggerieren...
Die veranschlagten zwei Stunden! für die Gratüberschreitung sind eher illusorisch und für den Durchschnittsbergsteiger kaum einzuhalten, so tönt es praktisch unisono aus allen Berichten im WWW. Dies ist höchstens möglich, wenn man A) perfekt akklimatisiert ist, B) der Grat komplett schneefrei ist und die Türme nordseitig abgeklettert anstatt abgeseilt werden können, wenn man C) das Gelände bestens kennt und sich auf dem exponierten Grat auch ungesichert wohlfühlt, und man D) das Fotografieren auslässt :-)
Preis für Berg- und Talfahrt mit der Hannig-Bergbahn Chf 27.--! Mit Halbpreis oder GA gibt's 50% Vergünstigung :-) Weitere Details und Tarife findet man hier.
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