Beschreibung | Frümsel Ostwand 2267m - Frümselkante 6c+, 6a obl., 7 Sl. (**), mit Richard
(Frümsel Ostwand und Kante)
Wer als Flachländer etwas Sonne tanken möchte, der muss zur Zeit die zähe Nebeldecke durchbrechen, sprich in die Berge fahren... Seit Wochen herrscht eine Inversionslage: unter dem Nebel ist es frostig kalt, darüber dagegen angenehm warm - und dies würde die nächsten Tage noch so bleiben! In höheren Lagen ist es für die Jahreszeit unglaublich mild, nicht mehr gerade T-Shirt Wetter, aber ein dünner Pullover ist nach wie vor ausreichend. Die Nullgrad-Grenze werde heute laut SF-Meteo auf 3300m liegen! Somit wollten wir es mit einer Tour an den Churfirsten probieren. Früh morgens traute ich der Sache aber noch nicht ganz, um 08.30 Uhr zeigte das Thermometer in Alt. St. Johann -7 Grad klick! - es war klirrend kalt, die Bäume mit einer dicken Reifschicht bedeckt! Das Thermometer auf dem Chäserrugg zeigte aber bereits +4 Grad, es sollte also gut kommen...
Bei der Frümselkante oder Südkante handelt es sich um gut bis sehr gut abgesicherte Sportkletteroute, welche in eindrücklicher Linie entlang der luftigen Pfeilerkante verläuft. Nebst Platten und Verschneidungen gibt es auch einige steile Ausdauerpassagen zu meistern. Die Seillängen sind eher kurz, trotzdem sollte man die Stände nicht auslassen, da man sonst mit starkem Seilzug zu kämpfen hat. Der Fels ist nicht überall zu 100% solide, vor- und umsichtiges Klettern ist von Vorteil! Die Route wurde im August 2011 mit einigen verzinkten (goldenen) Fixé-Plättli zusätzlich ausgerüstet, und bedarf nun eigentlich keiner zusätzlichen Hilfsmittel mehr. Wir hatten zwar einige Friends mit im Gepäck, diese aber nicht eingesetzt, allenfalls könnten diese in der 1. und 6. resp. 7. Seillänge verwendet werden. Die Frümselkante ist eine eher kurze Tour und somit ideal für kürzere Tage, an längeren Tagen dagegen kann man gut und gerne noch eine zweite Route anhängen, dazu am besten über die neu eingerichtete Abseilpiste abseilen der Anchorage abseilen.
Anfahrt und Zustieg: Mit dem Auto via Selamatt zur Alp Torloch Pkt. 1783m hochfahren (10.- Fahrgebühr, bei der Schreinerei Näf in Schwendi zu bezahlen). Nun weglos das Frümseltal hinauf (am besten auf der ortographisch rechten Talseite) bis in die Einsattelung zwischen Brisi und Frümsel (Obersäss-Nideri Pkt. 2034m). Nun die Grasflanke hinauf bis zum Einstieg der Frümselkante, Dauer Zustieg ca. 45 Minuten ab Torloch. Der Einstieg der Frümselkante befindet sich auf ca. 2100m, ist mit einem Muniring versehen und angeschrieben (leicht verblasst). Um 10.20 Uhr sind wir in die Route eingestiegen.
1. Sl. 6a: Steile, griffige Verschneidungskletterei an nicht immer zu 100% solide wirkendem Fels.
>> Vor- und umsichtiges Klettern ist gefragt!
2. Sl. 6b: Technische Verschneidungs- und Plattenkletterei an bestem, rauhem und kompaktem Churfirstenfels. Einfach beginnend, gegen oben dann immer schwerer werdend. Die erste Crux sollte etwas links herum angegangen werden, mittels Seitgriff weit links und schlecht sichtbarer Leiste ziemlich weit oben (direkt ist's noch deutlich schwieriger). Anschliessend auf schlechten Tritten hart nach rechts traversieren in die abdrängende Verschneidung, rechts nun einige klein(st)e Griffe auf Schulter halten und den linken Fuss hochbringen, so erreicht man schon bald die rettenden Henkel. Zuletzt hart nach rechts zum Stand.
>> Schöne Seillänge mit ziemlich harter Sequenz, welche nicht zu unterschätzen ist, original mit 6a+ bewertet...
3. Sl. 6c+: Klettergartenmässig abgesicherte, steile und anhaltende Kletterei in einer abdrängenden Verschneidung. Griffig von A-Z, die Tritte werden zum Schluss allerdings rar, so ist letztendlich eine gehörige Portion Kraftausdauer gefragt. Kurz vor dem Ausstieg den Griff rechts auf Schulter nicht vergessen - so kann man den linken Fuss weit hochstellen auf ein Tropfloch, und die letzte Sequenz einleiten...
>> Nachdem ich die Seillänge ausgebouldert, und danach wieder abgeseilt hatte, konnte ich sie, nach einer kleinen Pause, im 2. Versuch punkten - danke Richard für die Geduld!
4. Sl. 6a+: Recht schöne, abwechslungsreiche und für einmal eher gutmütige Seillänge. Der Einstieg ist leider erneut etwas brüchig, danach wird der Fels wieder rauh und kompakt. Die Crux bildet am Ende der Verschneidung der Plattenausstieg nach rechts und folgt nach ca. 2/3 der Seillänge.
>> Im Original-Topo gleich schwer bewertet wie die zweite Seillänge, diese hatten wir aber deutlich schwieriger empfunden, und daher mit 6b bewertet.
5. Sl. 5c: Die ersten Meter an leicht brüchigem Fels führen griffig über den steilen Wulst, auf dem Band anschliessend ungefähr fünf Meter nach links queren, und nicht dem Riss direkt an der Kante folgen (ein Bh. und zwei Nh.). Diese Variante sei unschön, unlohnend, anstrengend, schwierig und wohl nur technisch mit einigen Hilfsmitteln zu lösen. Stattdessen quert man noch etwas weiter auf dem Band nach links bis zum sichtbaren Bh., und erreicht anschliessend hinter der Kante, in leichter aber schöner Genusskletterei, den Stand.
>> Unbedingt auf's Topo achten, wer nicht unnötig im schwierigen Riss landen möchte. Um Seilzug zu vermeiden sollten einige Zwischensicherungen verlängert werden.
>> Das neu angebrachte Fixé-Plättli unter dem Riss ist meines Erachtens unnötig und verleitet nur in diesen einzusteigen (ein Karabiner im Bh darüber zeugt davon). Zudem wurde der alte, immer noch intakte Bh. ca. einen halben Meter davor geklinkt. Der Riss selber wurde nicht zusätzlich ausgerüstet...
6. Sl. 3b: Die Schwierigkeiten auf den ersten Metern gleich vom Stand weg, anschliessend mehr oder weniger leichtes und brüchiges Kraxelgelände. Der Stand folgt etwas rechts direkt an der Kante.
>> Wer nicht abseilen möchte, kann diesen Stand getrost auslassen und weiter Richtung Gipfel stürmen.
7. Sl. 4b: Fast horizontales Kraxel- resp. Gehgelände, bevor ein letzter Turm bis zum Kreuz erklettert werden muss. Dies am einfachsten direkt an der Kante (2a, einige Zwischensicherungen) oder dann durch den markanten Kamin, welcher aber zusätzlich abgesichert werden sollte, ausser man fühlt sich sicher, dann nicht zwingend. Die Kletterei durch den Kamin ist klassisch (stemmen, spreizen, stemmen, ägyptern, stemmen, spreizen, usw..) und ungefähr im 4. Grad zu bewerten.
>> Seillänge 6 und 7 können mit 50m-Halbseilen, bei geschickter Routenführung, ohne den Stand 6 einzuhängen, zusammengenommen werden, ev. muss einige Meter synchron geklettert werden.
Um 13.50 Uhr erreichten wir den Gipfel und konnten uns über eine gelungene Rotpunkt-Begehung freuen. Die Sonne hatte immer noch Kraft und es war angenehm warm, somit genossen wir eine ausgiebige Gipfelrast und lauschten der Stille und Einsamkeit, die Zeit schien still zu stehen, ein magischer Moment...
Der schattseitige Fussabstieg über die Nordflanke hätte dann gegensätzlicher nicht sein können: die Luft war kalt, der Boden gefroren und das Gras mit leichtem Reif bedeckt. Schnell erreichten wir das Torloch, und fuhren wenig später an den stummen Schneekanonen vorbei hinunter ins Tal.
Fazit:
Die Route folgt einer eindrücklichen Linie mehr oder weniger direkt an der Kante, anno 1961 musste das ein sehr spektakuläres Unterfangen gewesen sein. Heute ist die Route bestens 'zugenagelt' und der psychische Faktor fällt grösstenteils weg, nur der nicht immer ganz solide Fels lässt den Blutdruck etwas höher steigen. Die Tour bietet einige schöne Freikletterzüge, ist sehr abwechslungsreich und kurzweilig, und so erreicht man fast zu schnell wieder den Ausstieg. An langen Tagen kann man aber wie erwähnt gut noch eine zweite Route anhängen.
Bemerkungen:
Die Sonne scheint anfangs November (Winterzeit) bereits sehr früh an die Wand resp. Kante. Von ca. 09.00 Uhr bis 14.00 Uhr kann man an der Sonne klettern, anschliessend wird es in der Ostwand schattig kalt!
Ein aktuelles Topo findet man hier: klick!
Ein Topo mit einigen benachbarten Routen findet man hier: klick!
Die Webcam vom Chäserrugg mit aktuellen Temperatur Angaben findet man hier klick!
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