|
|
 | Tourendetails Fleckistock 3417m SW-Flanke |
|
Tourenart | Alpine Skitour |
Datum | 15.03.2012 |
Region | |
Kartennummer | 255 S Sustenpass, 1211 Meiental, SAC Clubführer Urner Alpen 2 |
Link zum Kartendienst |  |
Gestein | Granit |
Anforderung | SS-, II 4.3/E2 |
Besucherandrang | Schwach frequentiert |
Kondition | A |
Distanz | 22.7km
|
Höhenmeter | 2300m 2300m |
Lawinenbulletin | mässig (siehe Slf-Archiv) |
Exposition | SW |
Gipfel erreicht? | Ja |
Bewertung (Erlebniswert) | Deluxe! |
Vergleichstouren | Chüeplanggenstock (Winterberg) 3208m SW-Couloir |
Beschreibung | Fleckistock 3417m SW-Flanke, mit Dani
(Fleckistock 3417m SW-Flanke)
// Vorgeschichte
Bereits vor vier Jahren hatte ich zusammen mit Patrick einen Versuch Richtung Fleckistock 3417m gestartet, dem höchsten, ungeteilten Urner Gipfel! Wir sind damals aus dem Meiental aufgestiegen, via Nördliche Fluelücke 2965m, aber leider ziemlich kläglich gescheitert (siehe Bericht). Aber natürlich war aufgeschoben nicht aufgehoben, der Fleckistock stand nach wie vor auf der Projektliste. Monate und Jahre später, auf Skitouren wie Sustenhorn oder Galenstock, bei denen man vom Gipfel jeweils beste Sicht auf die SW-Flanke des Fleckistocks hat, wurde der Plan immer konkreter, dass der einfachste Weg wohl direkt über die Flanke führen würde (siehe Foto). Im SAC Clubführer Urner Alpen 2 ist der Anstieg durch die SW-Flanke als nicht zu empfehlen beschrieben, zumal die Rinnen im Sommer extrem steinschlägig sein müssen. Im Winter allerdings, wenn diese mit Schnee gefüllt sind, sollte man da relativ einfach hochkommen, guter Trittschnee vorausgesetzt.
Ein weiteres Hindernis ist noch der weite Zustieg, ab Göschenen oder Abfrutt ist zuerst einmal die Strecke bis zur Voralphütte zurückzulegen, bevor es dann erst richtig losgeht. Vielleicht sollte man die Tour in zwei Tagen angehen. Aber die momentane Form würde es zulassen, die Tour in einem Tag durchzuziehen. Zuletzt musste noch der richtige Tourenpartner gefunden werden, der ebenso fähig und motivert war, sich der (Tor)Tour zu stellen. Schliesslich war Dani mit von der Partie. Und so konnte es losgehen, wir wollten unser Glück versuchen! Die Verhältnisse sollten passen, Zeitplan und Route wurden eingängig studiert, jetzt mussten wir das Ganze nur noch vor Ort ansehen.
// Gipfelanstieg und Abfahrt
Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt sind wir um 05.40 Uhr in Abfrutt Engi 1160m gestartet. Die ersten Meter bis Abfrutt noch zu Fuss auf der aperen Strasse, da diese infolge Lawinengefahr über Nacht gesperrt blieb (Barriere war unten). In Abfrutt, bei den letzten Häusern, konnten wir schliesslich die Ski's montieren, und bei zunehmendem Tageslicht, auf präparierter Piste, Richtung Voralpkurve fellen. Die Schneedecke war durchgefroren, dies stimmte uns zuversichtlich. Bereits zu Beginn waren uns die enormen Schneemassen aufgefallen; das würde noch eine Weile dauern, bis die Strasse Richtung Göscheneralp frei und befahrbar wäre. Schon bald erreichten wir die Häuser bei Wiggen und die Verzweigung ins Voralptal. Ab hier konnten wir einer alten Aufstiegsspur folgen, welche uns entlang dem Sommerweg durch den Wald hinauf und weiter hinein ins Tal geleitete.
Unterwegs passierten wir die Horefelliflue, an der im Sommer prima geklettert werden kann, weitere Infos findet man im SAC Clubführer Urner Alpen 2, oder auch hier: klick!. Dann der Blick hinauf zur neuen Salbitbrücke, welche hoch über dem Mittwaldcouloir thront - dieses präsentierte sich perfekt eingeschneit (kein Lawinenschnee!), man hätte es heute wohl befahren können... Genauso verhielt es sich mit der Spicherribichelen - tja das wäre mal eine Skitour der exklusiveren Art: Die Salbit-Überschreitung von Ost nach West ;-)
Wir dagegen folgten weiterhin der Voralpreuss, bis wir nach elend langweiliger Latscherei die schön gelegene Voralphütte 2126m erreichten. Hier schalteten wir eine grosszügige Pause ein, und konnten endlich auch ein paar Sonnenstrahlen erhaschen. Da wir nun bereits sahen, dass der folgende Hang durch die Felsen sehr steil und im Aufstieg nur zu Fuss zu überwinden war, der Hang unterhalb zudem viele apere Grasstellen aufwies und gut zu begehen war, entschieden wir in weiser Voraussicht, die Ski's bereits hier zu buckeln, um den ganzen Abschnitt zu Fuss zurückzulegen. Somit mit geschulterten Ski's, zuerst mehr oder weniger entlang dem Sommerweg Richtung Flüestafel, auf 2260m dann direkt durch das über 40° steile Couloir aufgestiegen, in bestem Trittschnee, bis auf ca. 2415m. Hier konnten wir schliesslich wieder die Ski's und Harscheisen montieren, und in NW-Richtung über Hüblen, den Felssporn südwestlich von Pkt. 2837m links umgehend (kurz zu Fuss da aper), in mässiger Steigung gegen den Wandfuss des Fleckistocks ansteigen. Unterwegs blieb genügend Zeit, um die ungefähre Aufstiegsroute durch die Flanke zu studieren. Die Linie durch eine ausgeprägte Rinne war eigentlich offensichtlich und nicht zum verfehlen. Die südseitige Gipfelpartie lag bereits an der Sonne, 2/3 der eher nach Westen ausgerichteten Flanke befanden sich allerdings (nicht zufällig) immer noch im Schatten, perfekt! :-)
Auf exakt 2900m erreichten wir den Wandfuss, wo wir noch einmal eine grosszügige Pause einlegten, bevor wir die Ski's aufbanden, und uns mit zwei Eisgeräten bewaffnet an den Fussaufstieg machten. Wie erhofft konnten wir in gutem Trittschnee rasch an Höhe gewinnen, aber nichtsdestotrotz war es sehr anstrengend und liess den Puls in unendliche Höhen schnellen! Nachdem ich mich die ersten 250hm hochgearbeitet hatte, war Dani an der Reihe, die restlichen Meter bis auf den Grat zu spuren. Das Gefühl war grossartig, als wir auf ca. 3335m den Südgrat erreichten! Zuerst wollten wir die Ski's hier deponieren, nachdem wir aber einen ersten Gendarmen direkt überklettert hatten (II), konnten wir sehen, dass wir mit den Ski's beinahe vom Gipfel abfahren könnten. Somit noch einmal zurück und die Ski's eingesammelt, und schliesslich über den ausgesetzten, aber einfachen Grat bis unter den Gipfelblock aufgestiegen, hier nun definitiv Skidepot. Zuletzt in leichter, aber griffiger Kletterei auf die Gipfelabdachung, und in wenigen Metern über den nun breiten Grat bis zum Gipfelsteinmann. Ein schönes Gefühl überkam mich, bisher war die Taktik vollends aufgegangen, und es war noch nicht einmal 12 Uhr, wir lagen perfekt im Zeitplan!
Nachdem wir im dünnen Shirt die Aussicht auf Sustenhorn Ostgrat und Stucklistock Ostflanke genossen hatten, kletterten wir schon bald wieder hinab zum Skidepot. Denn unterdessen müsste der Schnee in der ganzen Flanke aufgefirnt haben, und den richtigen Augenblick wollten wir keinesfalls verpassen. Nachdem alles fixiert und bereit war, liessen wir es krachen! Bereits nach den ersten Schwüngen realisierten wir, dass wir uns nicht zuviel versprochen hatten, es war der perfekte Moment! Der Schnee hatte sich in der obersten Schicht zu feinstem Sorbet umgewandelt, und bot nun allerbesten Abfahrtsgenuss! Die Steilheit von zeitweilig 45° fühlte sich bei diesem Schnee nur halb so wild an - Skifahren kann manchmal so einfach sein! Die einzige Schwierigkeit bestand darin, den Übergang nicht zu verpassen, um wieder ins Aufstiegscouloir zu gelangen - obwohl sich die mehr westlich gelegene Rinne ziemlich sicher auch bis unten hätte befahren lassen. Nach aufregenden Minuten erreichten wir viel zu schnell wieder die Ausfahrt und die flachen Gefilden, Zeit um die Beine zu entspannen und die Kehlen zu netzen.
Als sich die Gemüter etwas beruhigt und die Muskeln entspannt hatten, machten wir uns an die Abfahrt Richtung Voralphütte. Und natürlich auch diese bei top Sulzschneekonditionen! Hinunter nach Hüblen und das steile Couloir hinab zur Hütte, wo wir einen weiteren Zwischenstopp einlegten. Nun blieb uns noch das Voralptal hinauszufahren, und im Skatingschritt der Göschenerreuss nach Abfrutt zu folgen. Kurz vor 14h erreichten wir den Ausgangspunkt, und konnten Dank bereits wieder geschlossener Barriere das Picknick auf der Strasse geniessen...
// Fazit
Eine absolute Traumtour, an einem traumhaft schönen Tag bei perfekten Bedingungen - ein lange gehegter Wunsch ging heute in Erfüllung! Vom Sustenhorn oder Galenstock hatte die Fleckistock SW-Flanke eindrücklich steil ausgesehen, tatsächlich war die Begehung und Befahrung aber viel harmloser als angenommen, durch das coupierte Gelände mit den vielen Couloirs war die Exponiertheit kaum spürbar.
--
Facts Fleckistock 3417m SW-Flanke:
Wandhöhe: 500m, durchgehend 40° steil, Stellen 45°, Gipfelkletterei Stellen II.
An dieser Stelle noch einige animierte Impressionen vom Aufstieg (135.7mb), sowie von der Abfahrt (240.3mb) durch die Fleckistock SW-Flanke. Die Dateien sind etwas gross und die Filme gar langatmig geraten, aber für einige Eindrücke sind sie durchaus wertvoll ;-)
--
Die Zeiten:
Start in Abfrutt Engi 1160m um 05.40 Uhr.
Ankunft Voralphütte 2126m um 07.55 Uhr.
Start Voralphütte 2126m um 08.17 Uhr.
Ankunft Couloir-Einstieg SW-Flanke 2900m um 09.35 Uhr.
Start Couloir-Einstieg SW-Flanke 2900m um 10.04 Uhr.
Ankunft Südgrat 3335m um 11.05 Uhr.
Start Südgrat 3335m um 11.15 Uhr.
Ankunft Gipfel um 11.35 Uhr.
Start Skidepot 3395m um 12.00 Uhr.
Ankunft Couloir-Ausfahrt SW-Flanke 2900m um 12.15 Uhr.
Ankunft Voralphütte 2126m um 12.50 Uhr.
Start Voralphütte 2126m um 13.10 Uhr.
Ankunft Abfrutt Engi 1160m um 13.55 Uhr.
--
GPS-Profil
GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Tour können hier heruntergeladen werden (gpx file).
--
Bemerkungen:
Die Tour ist für flinke Tourengänger in einem Tag machbar. Abfahrt frühstens um 11.30 Uhr antreten! Zwei Eisgeräte sind ausreichend für den Aufstieg, Seil etc. nicht zwingend, die kurzen Kletterstellen am Grat und umittelbar vor dem Gipfel sind einfach (II) und griffig. Am Abend vor der Tour hatten wir lange überlegt, ob wir nun Seil und Sicherungsmaterial mitnehmen sollten oder nicht, schliesslich hatten wir uns dagegen entschieden, zum Glück! Im Rucksack landeten letztendlich bloss etwas Reepschnur, Klettergurt und Prusikschlinge, um im Notfall ein Geländerseil einrichten zu können. Natürlich hätten wir uns auch das sparen können. Ebenso Soft- und Hardshell ;-)
Habe mich gefreut über das Rencontre in der Voralphütte, Andi Banholzer! Im Sommer ist die Route sicher nicht zu empfehlen (Steinschlag ohne Ende), im Winter allerdings, bei entsprechenden Verhältnissen, die einfachste (und beste) Möglichkeit, um auf den Gipfel zu gelangen :-)
Die Voralphütte hat übrigens auch im Winter fliessend Wasser und einen perfekt ausgestatteten Winterraum!
Apropos ambitionierte Erstbefahrungen, eingeschneite Rinnen und sichere Verhältnisse: Heute wären durchaus die Spicherribichelen, oder sogar das steile Mittwaldcouloir dringelegen :-))
// Nachtrag 19.03.2012:
Die Nachricht über die guten Verhältnisse am Fleckistock scheinen schnell die Runde gemacht zu haben, zwei Tage später hatten sich bereits Wiederholungstäter Richtung Gipfel aufgemacht, so zum Beispiel Marcel...
// Nachtrag 02.04.2012:
Es scheint eine richtige Fleckimania ausgebrochen zu sein, seit dem 15.03 haben bereits mehr als 10 Personen den Fleckistock über die SW-Flanke besucht, siehe Eintrag im Gipfelbuch.
 |
|
|
|
|