Beschreibung | Chöpfenberg NW-Wand - Sturmfrei 6c+/7a, 6b obl., 7 Sl (**), mit André
(Chöpfenberg NW-Wand - Sturmfrei)
Da heute ein weiterer Hitzetag erwartet wurde, und wir nicht allzu spät zuhause sein wollten, machten wir uns erneut Richtung Wägital auf, um eine weitere schattige, uns gänzlich unbekannte Nordwand zu geniessen. Der Chöpfenberg kann wohl aus dem Wägital über diverse Wanderrouten erreicht werden, seine Nordwand wird jedoch von Siebnen über Gross Feldrederten erreicht. Und so befindet man sich dann auch nicht im Wägital, sondern auf der abgewandten Seite, und hat freie Sicht ins Flachland und auf den Zürichsee.
In den 80er Jahren war so einiges los am Chöpfenberg, Exponenten der Zürcher Sportkletterszene hatten sich hier ambitionierte Ziele gesteckt, und Routen wie Via Grischa, Isenburg, Grüeni Wälle, Ozonalarm und Nordlicht eröffnet. Über den Zustand dieser Routen weiss ich kaum Bescheid, einzig das Nordlicht sowie die Isenburg sollen saniert sein, letztere soll sogar befreit worden sein und so im Bereich 7c+ liegen. Weitere Infos können gewiss bei den Erschliessern erfragt werden.
In den letzten Jahren ist der Chöpfenberg praktisch in Vergessenheit geraten. Vielleicht wird sich das jetzt wieder ändern, da mit der Route Sturmfrei eine gut abgesicherte Tour auf Ihre Wiederholungen wartet. Obwohl das Ambiente in der imposanten Wand super ist, bin ich etwas skeptisch was die durchzogene Felsqualtität anbelangt. Es ist nicht gerade so, dass man bei jeder Kletterbewegung acht geben muss, um nicht ein Stück Fels auszubrechen, aber das Gelände ist stellenweise schon etwas brüchig, und man sollte mit der nötigen Vorsicht ans Werk gehen.
Nachdem wir gestern am Bockmattli ziemlich Gas gegeben hatten, waren wir heute mit leichtem Muskelkater angereist, und auch der Kopf war bereits etwas müde. Trotzdem gelangten wir durch den Zauberwald bis an den Wandfuss, und konnten auch bald schon die ersten glänzenden Bohrhaken ausmachen. Und so konnte es bald schon losgehen mit der 1. Seillänge von Sturmfrei.
1. Sl. 6c+/7a: Schöne, abwechslungsreiche Seillänge an gutem Fels. Die Kletterei wird kontinuierlich schwieriger, die feingriffige und durchaus anspruchsvolle Bewegungs- und Balancecrux folgt im oberen Drittel (mit etwas Engagement auch p.a. möglich).
>> Der Tarif wird bereits auf den ersten Metern durchgegeben: wo's schwierig ist steckt ein Bohrhaken, in einfacherem Gelände muss geklettert werden...
>> Für mich 7a, oder ich war einfach zu müde und hatte Tomaten auf den Augen...
2. Sl. 6c+: Schöne Kletterei an gutem Fels! Die Crux an scharfem, wasserzerfressenem Fels folgt nach dem 2. Bh: Zuerst krallt man kleine Tropflöcher, dann mit rechts an eine Leiste auf Schulter, entsprechend anstehen auf Reibung um mit links in den Seit-/Untergriff zu gelangen. Rechts hoch anstehen und mit rechts hochgreifen, mit links etwas höher greifen, Bh klippen. Anschliessend folgt etwas einfachere, aber immer noch anhaltend steile Wandkletterei bis zum Stand.
>> Einen Tick leichter empfunden als die 1. Seillänge.
3. Sl. 5c+: Unschöne Seillänge, die Platte nach dem Stand hatten wir rechts in einem grasigen Riss umgangen (mit Gefahr auf's Band zu knallen). Zuletzt folgt ein 10m Runout bis zum Stand, welchen wir mit einem Friend (Cam. Gr. 0.3) entschärft hatten.
4. Sl. 6b: Auf den ersten Metern technische und feingriffige Wandkletterei, anschliessend wieder weniger erbauliches Gelände. Die Schwierigkeiten beginnen unmittelbar nach dem Stand, und man läuft bereits wieder in Gefahr, einen Grounder auf's Band zu machen, falls man den Anforderungen nicht gewachsen ist. Der Cruxmove befindet sich zwar nahe beim Bohrhaken, aber auch danach ist's noch nicht gegessen, und man muss einen kühlen Kopf bewahren, bis der nächste Bohrhaken aus guter Position geklippt werden kann.
5. Sl. 6a+: Schöne, unverschämt griffige Kletterei an stark wasserzerfressenem Fels. Den Piaz nach der ersten Wasserrinne mit einem Friend (Cam. Gr. 0.5, besser wäre 0.75) zusätzlich abgesichert. Zuletzt in steiler Piazkletterei bis zum Stand.
6. Sl. 6a+: Zuerst einige Meter Gehgelände (etwas nach rechts halten), anschliessend folgt Wandkletterei in einem etwas alpin anmutenden Geschirrladen. Entlang der Bohrhaken ist der Fels allerdings meistens fest.
7. Sl. 5c+: Verlängerung in gleichem Charakter wie Seillänge 6, am Ende der Seillänge befindet sich das Wandbuch.
>> Die Seillängen 6 und 7 können gut zusammen genommen werden, 48m und 10 Express reichen!
Nachdem wir uns im Wandbuch verewigt hatten, machten wir uns sogleich ans abseilen. Dies geschah rasch und problemlos, in 4x abseilen (gemäss Topo) erreichten wir nur wenige Minuten später den Wandfuss. Zurück bei der Alp Gross Feldrederten, konnten wir uns bei einem Panaché erfrischen, bevor es wieder Richtung Zürich ging.
Fazit:
Sturmfrei ist eine etwas alpin anmutende, aber trotzdem recht gut abgesicherte Sportkletterroute an der Chöpfenberg Nordwand. Die Felsqualität ist weitestgehend gut, kann aber mit dem Bockmattlifels bei Weitem nicht mithalten! Aber immerhin hat man mit der Route nun eine Alternative für die heissen Sommertage. Die Kletterei ist sehr abwechslungsreich, von plattigen Bewegungsproblemen, feingriffigen Wandstellen, bis zu kräfigen Piaz-Rissen wird alles geboten. Obwohl die Route gut mit Inox-Material abgesichert ist, sollte man eine 6b zwischen den Haken beherrschen! Für starke Gemüter bedarf es keiner zusätzlichen Hilfsmittel, für schwache Gemüter kann der eine oder andere Runout mit einem Friend entschärft werden (Cam. Gr. 0.3-0.75), z.B. in Seillänge 3 und 5. Im Sommer scheint die Sonne ab ca. 14.30 Uhr an die Wand. Nach Regen besser einige trockene Tage abwarten bevor man in die Route einsteigt.
(Der Chöpfenberg Nordabbruch in seiner ganzen Pracht)
Bemerkungen:
Es dünkt als seien die Tage des Chöpfenbergs gezählt, der ganze Berg scheint irgendwie morsch zu sein und droht bald auseinander zu fallen...
Den Bericht zur Erstbegehung sowie alle weiteren Infos zur Route findet man hier: klick!
|