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![](getartbild.php?art_id=2&spezial=1&gross=1) | Tourendetails Hausstock 3158m NE-Wand |
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Tourenart | Alpine Skitour |
Datum | 09.01.2013 |
Region | |
Kartennummer | 1193 Tödi, 1194 Flims |
Link zum Kartendienst | ![](images/mapgeoadmin.jpg) |
Anforderung | AS-, I 5.2/E3 |
Besucherandrang | Schwach frequentiert |
Kondition | A |
Distanz | 12.4km
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Höhenmeter | 1900m 1900m |
Lawinenbulletin | mässig (siehe Slf-Archiv) |
Exposition | NE |
Ideale Zeit | März - April |
Gipfel erreicht? | Ja |
Bewertung (Erlebniswert) | Deluxe! |
Bilder (© Chris & Dani) | Zum Fotoalbum |
Beschreibung | Hausstock 3158m NE-Wand, mit Dani & Bruno
(Blick auf die eindrückliche Hausstock 3158m NE-Wand)
//Vorgeschichte
Die Hausstock NE-Wand - schon lange stand sie auf der Wunschliste. Bisher hatte es aus diversen Gründen noch nicht geklappt: entweder waren das Wetter oder die Verhältnisse zu wenig gut oder sicher, wurde auf der Wichlenmatt scharf geschossen, gab es terminliche Verpflichtungen, oder es fehlte schlicht der entsprechende Partner für dieses ernsthafte Unternehmen. So wurde ich zum Warten gezwungen, und die Jahre zogen ins Land. Doch die Fühler blieben ausgestreckt, und irgendwann hatte sich die Hartnäckigkeit eben doch ausbezahlt: Noch vor der eigentlichen Nordwand-Saison waren motivierte Partner gefunden, das Wetter versprach gut und die Lawinensituation günstig zu sein, und vom Militär bekamen wir die Erlaubnis, die Schiessanlage Wichlenmatt zu betreten.
Bereits früh im Jahr wurde das Glarnerland mit überdurchschnittlich viel Schnee eingedeckt, und so könnten am Hausstock bereits ansprechende Verhältnisse herrschen, dachten wir, falls der Föhn nicht alles rausgeblasen haben würde. Genaueres konnten wir leider nicht in Erfahrung bringen, ob sich die Wand weiss oder schwarz präsentierte, aber trotzdem wollten wir einen Versuch wagen.
//Gipfelanstieg und Abfahrt
Nach einer gemütlichen und freien Fahrt durch den Zigerschlitz (Verkehr hatte es nur in die Gegenrichtung) erreichten wir kurz vor 07.00 Uhr den Waffenplatz Wichlenmatt. In der Hoffnung, dass das Auto von einem Panzer abgeschossen oder platt gemacht werden würde, parkierten wir es auf dem grossen Platz unmittelbar neben der Kaserne. Dann konnte es losgehen. Noch war es stockdunkel, die Stirnlampen waren unverzichtbar. Auf der durchgefrorenen und griffigen Schneedecke kamen wir gut voran, durchschritten zuerst flach das Schiessgelände und folgten anschliessend dem Mitteleggbach, bevor wir schliesslich ins Tobel gelangten zu den Eisfällen, und auf der anderen Seite steil die Hänge unter dem Tritt hochstiegen. Nun in südlicher Richtung unter dem Tritt hindurch, dann in südwestlicher Richung durch ein Tälchen hinauf zu Pkt. 2028m. Hier legten wir eine erste kurze Pause ein, es war schon lange hell, doch erst jetzt hatte sich die NE-Wand des Hausstocks so richtig offenbart. Und sie war imposant diese Wand, und schwarz. Ein leichtes Zögern nistete sich in unseren Köpfen ein, würde das gut kommen, hatte es vielleicht doch zu wenig Schnee? Doch klein beigeben wollten wir noch nicht, immerhin sahen wir eine logische Linie, in welcher wir zumindest einmal aufsteigen konnten, alles weitere würde sich zeigen. Als Notausstieg blieb immer noch die Abfahrt Richtung Panixerpass und durchs Jetzloch zurück zur Wichlenmatt.
Nachdem die Speicher aufgefüllt waren, fellten wir weiter Richtung Husstockegg. Die Hänge durch den Kessel hinauf zur Husstockegg wurden zunehmend steiler, mit montierten Harscheisen war der Aufstieg trotzdem problemlos. Als wir den verwechteten Grat der Husstockegg erreichten, sahen wir sofort, dass wir zu einer kurzen Portage über die schlecht eingeschneite Felsstufe gezwungen wurden. Die Steigeisen blieben vorerst im Sack, was im Nachhinein betrachtet sicher ein Fehler war. Denn die Kletterei war zwar leicht, das Gelände aber bereits exponiert, und bisweilen konnten wir nur auf einer dünnen Schneeauflage antreten, was somit vollste Konzentration verlangte. Erst 50hm später gelangten wir auf einen Absatz, wo wir eine weitere Entscheidung zu treffen hatten: Sollten wir gleich zu Fuss weitergehen oder noch einmal die Skis anschnallen? Wir entschieden uns für den Fussanstieg, und dieses Mal hatten wir die richtige Entscheidung getroffen!
Als wir die Steigeisen montiert und die Pickel griffbereit hatten, machten wir uns wenig später ans Werk, die 800m hohe NE-Wand zu ersteigen. Die Verhältnisse hätten für den Aufstieg nicht besser sein können. In vorwiegend bestem Trittschnee gewannen wir schnell an Höhe, und befanden und bald schon in der steilen Rinne, welche auf ca. 3000m nach rechts verlassen wird. Bei einer eisigen Stelle wurden wir kurzzeitig zu einem Frontzackeneinsatz gezwungen, sahen aber bereits schon, dass wir diesen Abschnitt bei einer allfälligen Abfahrt umfahren könnten. Nun folgte die horizontale Querung (ca. 100m) nach rechts bis zur Gipfelflanke, welche schliesslich steil zum Nordgrat hochführt. Ich ging hier mit gewissem Respekt ans Werk, denn obschon der Schnee hier etwas tiefer war und gewisse Sicherheit verlieh, befand man sich hier fast 1000m direkt über dem Alplifirn, was für ein Tiefblick! Das passieren der Felsinsel ging problemlos ohne Felskontakt. Die letzten Meter bis zum Nordgrat waren dann nochmals steil aber in bestem Trittschnee, und bald schon neigte sich das Gelände zurück und gab die Sicht frei zu Bifertenstock und Tödi, und natürlich zum verlassenen Gipfelkreuz! Dieses wurde in wenigen Schritten über das flache Gipfelplateau erreicht, Schlag zwölf Uhr konnten wir uns schliesslich zum Gipfelerfolg gratulieren. Wir genossen die super Aussicht auf die Glarner Riesen, aber auch die freie Sicht bis weit in die Bündner Berge, u.a. auf Piz Kesch oder den Piz Blaisun 3200m, welchen ich erst kürzlich besuchen durfte.
Aber wie's halt so ist bei Steilwandabfahrten; der Aufstieg ist bekanntlich nur die halbe Miete, die eigentliche Herausforderung stand uns erst noch bevor! Unter steigender Anspannung verstauten wir unser Material, schnallten die Schuhe fest, fixierten die Bindungen, dann konnte es losgehen! Die ersten Meter waren zum angewöhnen, doch bald galt es ernst. Die Gipfelflanke war richtig steil und exponiert, der Presspulver dafür super zum fahren, wir waren im Element. Die Travserse nach rechts war problemlos und rasch hinter uns, bevor das steile Couloir unsere vollste Aufmerksamkeit verlangte. Der Schnee war durchgehend hart aber griffig, die Kickturns dementsprechend eng aber sicher. Vor dem eisigen Teilstück sind wir etwas nach rechts in ein weiteres, steiles Couloir gequert. Diesem folgten wir dann bis ans Ende, wo das Gelände etwas abflachte, und uns ein erstes Durchschnaufen erlaubte. Die Hänge darunter bis zur Husstockegg konnten wir dann etwas entspannter angehen, obschon wir uns nach wie vor in Stürzen-verboten Gelände befanden. An der Husstockegg sind wir dann soweit als möglich abgefahren/abgerutscht, um so nur noch wenige Meter (10hm) abklettern zu müssen. Dieses Mal mit Steigeisen, wäre ja dumm wenn zuletzt noch etwas passierte. Nachdem wir sicher an den Fuss der Felsstufe gelangt waren und Steigeisen wieder gegen Ski getauscht hatten, cruisten wir dem Talboden entgegen. Und nun spürten wir auch den Druckabfall. Auch wenn die Schneeverhältnisse zunehmend schlechter wurden (zuerst Kartonschnee, dann Bruchharsch), erklärte das nicht, weshalb sich jeder von uns mehrmals in den Schnee hinlegte ;-) Schliesslich erreichten wir aber wohlbehalten die Schiessanlage, und sausten über die Panzerpiste zurück nach Unter Stafel. Das Auto stand noch unversehrt da, noch einmal Glück gehabt! Als wir den Blick von der Wand schliesslich abwenden konnten, ging's nach Glarus ins Cornetto für Kaffee und feine Glarner Spezialitäten.
An dieser Stelle folgen einige animierte Impressionen vom Aufstieg (56.7mb), sowie von der Abfahrt (347.8mb) durch die Hausstock NE-Wand. Die Dateien sind etwas gross und setzen eine gute Internetverbindung voraus, und die Filme sind bewusst langatmig geraten, aber wer sich das antun möchte kann hier gerne ein paar Eindrücke mitnehmen ;-)
//Fazit:
Endlich konnten wir den lange gehegten Traum verwirklichen, und bei guten, wenn auch anspruchsvollen Verhältnissen diese eindrücklich seriöse NE-Wand mit den Skis zu befahren. Im Aufstieg, als sich die Wand von weitem ziemlich schwarz präsentierte, hatten wir ehrlich gesagt nicht daran geglaubt, dass es mit einer Befahrung klappen würde. Von nahem dann, als wir uns inmitten der Wand befanden, konnten wir feststellen, dass es durchaus möglich wäre mit einer beherzten, fehlerfreien Abfahrt, und so hatten wir schliesslich die richtige Entscheidung getroffen. Natürlich wäre uns Pulver noch lieber gewesen (wie zum Beispiel hier), aber dies sparten wir uns auf für's nächste Mal...
//Angetroffene Verhältnisse:
Die Wand war verhältnismässig schlecht eingeschneit, allerdings durchaus der Jahreszeit entsprechend und vor der eigentlichen Nordwand-Saison im März/April nicht anders zu erwarten. Der Schnee war von oben bis unten windgeprägt und hart, ausser im obersten Abschnitt, dort fanden wir perfekten Presspulver! Im Aufstieg vorwiegend idealer Trittschnee (mit wenigen eisigen Abschnitten auf den Frontzacken), in der Abfahrt dann zwar wie gesagt hart, aber alles schön griffig und super zum fahren, ohne jeglichen Felskontakt! Allerdings durchgehend auf den Kanten, es gab keine einzige Stelle, an welcher wir die ganze Skifläche belasten konnten, sei es nur zum ausruhen. Die Husstockegg war leider komplett abgeblasen und hatte uns im Aufstieg zu leichter Kletterei gezwungen. In der Abfahrt konnten wir dann etwas weiter runterfahren um so nur wenige Meter abklettern zu müssen.
// Facts Hausstock 3158m NE-Wand:
Wandhöhe: 800m, durchgehend 45-50° steil und exponiert, etwas weniger oberhalb der Husstockegg 2400m, etwas mehr kurz nach der Einfahrt am Nordgrat ca. 3080m, und im Couloir nach der Rechtsquerung ca. 2960m (im Sinne der Abfahrt). Leichte, exponierte Kletterei an der Husstockegg, je nach Verhältnissen.
// Ausrüstung:
Steigeisen, zwei Eisgeräte, gute Skis, gute Bindung.
// Die Zeiten:
- Start Waffenplatz Wichlenmatt / Unter Stafel 1320m um 07:01 Uhr.
- Kurze Pause in der Fläche südlich Pkt. 2028m.
- Skiankunft Husstockegg 2370m um 09:13 Uhr.
- Portage über die Felsen bis zum Absatz 2420m, Ankunft um 09:35 Uhr.
- Start Absatz 2420m um 09:53 Uhr.
- Ankunft Gipfel um 11:55 Uhr.
- Abfahrt um 12:30 Uhr.
- Ankunft Husstockegg 2405m um 13:00 Uhr.
- Kurze Portage.
- Abfahrt von Husstockegg 2395m um 13:23 Uhr.
- Ankunft Waffenplatz Wichlenmatt / Unter Stafel 1320m um 13:57 Uhr.
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GPS-Profil
GPS-Tracks
Routenverlauf
Blau: Skiaufstieg
Rot: Fussaufstieg (Abstieg)
Gelb: Skiabfahrt
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Tour können hier heruntergeladen werden (gpx file).
Bemerkungen:
Von weitem hatte die Wand ziemlich schwarz und unbefahrbar ausgesehen, tatsächlich waren die Verhältnisse dann im Aufstieg, aber vor allem auch in der Abfahrt gut bis sehr gut!
Das Lawinenbulletin lag heute auf Stufe Mässig für ältere Triebschneeansammlungen ab 2400m der Expositionen W-N-SE, die Lawinensituation wurde als mehrheitlich günstig eingeschätzt.
Im Frühjahr ist die Wand schon sehr früh der Sonne ausgesetzt und man ist zu einem zeitigen Aufbruch gezwungen, will man vor Steinschlag oder Lawinengefahr ausweichen; anfangs Januar bleibt die Wand den ganzen Tag im Schatten (nur der Nordgrat bekommt etwas Sonne), und so kann man das Unterfangen auch etwas später in Angriff nehmen.
Auf dem Schiessplatz Wichlen wird unter der Woche meist scharf geschossen, das Betreten des Geländes ist während dieser Zeit untersagt. Eine Übersicht über Schiessaktivitäten auf der Wichlenmatt findet man hier: klick!. Trotzdem ist es sinnvoll, die definitiven oder korrigierten Schiesszeiten unter der Nummer +41 58 469 66 00 zu erfragen, denn manchmal hat man Glück und erwischt einen freien Slot ;-)
// Nachtrag:
Am 19.2.2013 ist ein Skitourengänger in der NE-Wand des Hausstocks tödlich abgestürzt, dies obwohl die Verhältnisse besser bzw. weniger hart gewesen sein sollten wie bei unserem Outing vor rund sechs Wochen. Zumindest mag es dieser Bericht suggerieren: klick! Auf jeden Fall unterstreicht es die Ernsthaftigkeit dieses Unternehmens, man sollte wissen auf was man sich einlässt. Hier geht es zum Medienbericht: klick!
![](https://www.chmoser.ch/Images/copy.jpg) |
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