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 | Tourendetails Mürtschenstock - Überschreitung von Nord nach Süd |
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Tourenart | Alpine Klettertour |
Datum | 05.09.2013 |
Region | |
Kletterführer | SAC Alpinführer Glarner Alpen, Hikr.org, 1154 Spitzmeilen |
Link zum Kartendienst |  |
Gestein | Kalk |
Anforderung | T6, IV |
Besucherandrang | Schwach frequentiert |
Kondition | A |
Distanz | 13.6km
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Höhenmeter | 1800m 1800m |
Exposition | Alle Exp. |
Gipfel erreicht? | Ja |
Bewertung (Erlebniswert) | Deluxe! |
Bilder (© Chris & Patrick) | Zum Fotoalbum |
Beschreibung | Mürtschenstock (Stock 2390m, Fulen 2410m, Ruchen 2441m) - Überschreitung von Nord nach Süd, mit Patrick
(Mürtschenstock Totale - Bild aufgenommen vom Brünnelistock 2132m am 26.07.2018)
//Motivation
Mythos Mürtschen-Überschreitung - in der lokalen Bergsteiger Szene dürfte diese grosse Bergfahrt wohl jedem ein Begriff sein. Im nationalen und internationalen Vergleich fällt sie dagegen bei den meisten durch, da die drei Protagonisten Stock, Fulen und Ruchen nicht einmal die 2500m Grenze knacken, und so schon gar nicht auf dem Radar erscheinen. Selber wusste ich schon lange, dass ich diese anspruchsvolle Voralpentour irgendwann einmal anpacken würde, leider musste sie über viele Jahre hinter den unzähligen Kletterprojekten anstehen. Sportklettern ist und bleibt eine grosse Leidenschaft, doch fehlt mir momentan schlicht die Zeit für's tägliche Training. Dies hat auch seine Vorteile, denn plötzlich sieht man die Welt wieder aus einer anderen Perspektive, und man packt die Sachen an, welche man zuvor für unbestimmte Zeit verschoben hat.
Mit Patrick hatten wir uns erst kürzlich auf der Cambrena-Tour über den Mürtschenstock unterhalten. Obwohl er schon einige Male am Berg unterwegs war, zeigte er sich interessiert, die Überschreitung auf's neue anzugehen. Das letzte Mal lag bei ihm schon über 10 Jahre zurück, und die Kombination mit Fingerriss am Stock und Nordgrat zum Ruchen war ebenfalls eine Premiere für ihn. In der Hoffnung, dass er die Route noch einigermassen präsent haben würde, hatten wir uns diesen Donnerstag spontan verabredet; der gewählte Tag sollte uns noch einmal bestes, stabiles Bergwetter bieten, fast die wichtigste Komponente bei diesem Unterfangen!
//Stock 2390m (Route: Talalp - Unter Tros - Hohmatt - Stocklochwand - Schussplatz - Schwarzschnuer - Jägernase - Fingerriss - Stock)
(Die ersten Sonnenstrahlen treffen den Stock 2390m)
Nachdem wir uns bei der Anfahrt bereits den ersten Verhauer geleistet hatten, sind wir um 07.00 Uhr vom taxpflichtigen Parkplatz Talalp Pkt. 1128m gestartet. Der Stock 2390m wurde von den ersten Sonnenstrahlen rot beleuchtet, ein stimmungsvoller Auftakt in den langen Tag. Bis Unter Tros Pkt. 1402m auf dem Wanderweg, dann weglos und direkt über Hohmattplanggen, gelangten wir schnell hinauf zur Hohmatt Pkt. 1859m (T4). Die Hohmatt ist ein wunderbarer Aussichtspunkt und auf dem Wanderweg über Ober Tros Pkt. 1659m leicht zu erreichen; man blickt von hier einerseits auf das prominente Stockloch, andererseits zum tiefblauen Walensee und auf viele prominente Berggipfel.
Nach einem kurzen Halt ging es schon bald weiter. In gut gestuftem Steilgras brauchten wir bloss den schwachen Wegspuren zu folgen, um die Stocklochwand zu passieren und die Schutzhütte zu erreichen (T5). Nachdem wir uns in der Folge einen sinnlosen Schnitzer geleistet hatten (Verhauer 1, siehe Abschnitt Verhauer weiter unten im Text), aber glücklicherweise noch rechtzeitig ausbügeln konnten, sind wir in steilem, aber erneut gut gestuftem Gelände gegen den Stock Nordgrat angestiegen. Sichtbare Trittspuren erleichterten auch hier die Wegfindung. Anschliessend den roten Pfeilen und Steinmännern folgend Richtung Schussplatz, bis sich uns eine kleine Felsstufe in den Weg stellte.
Um dieses ungefähr 10m hohe Wändchen zu überwinden quert man normalerweise, leicht absteigend, einige Meter nach links in die grasige Ostflanke, bis man zu einem markanten Riss gelangt, und die Stufe in leichter Kletterei überwinden kann (II, Haken und Abseilstand). Wir hatten dies leider nicht ganz begriffen (Verhauer 2, siehe Abschnitt Verhauer), und diese Felsstufe ziemlich direkt erklettert, was letztendlich eine recht engagierte und cleane Sache war (IV). Immerhin konnte mit einem Friend eine Zwischensicherung angebracht werden, um das griffarme Topout mittels Kniestand etwas zu entschärfen ...
Nun endlich hatten wir freie Sicht auf den mächtigen Stock, dies war ein sehr, sehr imposanter Anblick. Auch konnten wir bereits zum Schussplatz hinüberblicken, welcher über ein auffällig schwarzes Band (Schwarzschnuer) erreicht werden sollte. Ich war nicht gerade in Begeisterungsstürme ausgebrochen dieses abschüssige Band zu begehen, doch blieb nichts anderes übrig, wollten wir nicht gleich die Koffer packen und uns auf den Heimweg machen. Die Querung war schliesslich durchaus eindrücklich; nicht gerade ein Kinderspiel aber trotzdem weit weniger schlimm als erwartet! Nun ging es weiter über viel Schutt und einige Felsstufen hinauf zur Jägernase, wo wir nach einigem suchen einen Bohrhaken ausfindig machen konnten, demnach waren wir richtig.
(Sicht auf Stock, Schwarzschnuer und Schussplatz)
In der Folge hatten wir uns angeseilt, und in einer Seillänge die erste kurze Felsstufe erklettert. Linkshaltend würde man nun das Bös Band und den Nordkamin erreichen, wir dagegen wollten uns erst einmal rechtshaltend am Fingerriss versuchen. Dieser brachte uns folglich auch ganz schön ins schwitzen. Mit den schweren Schuhen auf Reibung zu stehen, dazu nicht immer zu 100% vertrauenswürdige Griffe halten, ist nicht gerade business as usual. Immerhin war die Seillänge unterdessen tiptop mit Bh abgesichert, früher blieb diese Variante lediglich den wilden Hunden vorbehalten. Anschliessend stiegen wir das Schuttcouloir empor, wo ziemlich genau nach 50m ein weiterer (Abseil)Stand eingerichtet war. Nun zuerst eher linkshaltend, dann wieder nach rechts schwenkend, erreichten wir nach wenigen Minuten den höchsten Punkt des Stocks 2390m.
Die Schwierigkeiten: T6, S, IV
Im Detail:
- Aufstieg zur Stocklochwand: Den Wegspuren folgen T5-T6.
- Felsriegel unter dem Schussplatz: Im Steilgras einige Meter leicht absteigend nach links/Osten traversieren bis zu einem markanten Riss. In der Folge wird die kleine Wandstufe durch diesen 10m hohen Riss überwunden (Haken und Standplatz), II.
>> Leider hatten wir hier einen Verhauer produziert (Verhauer 2, siehe Abschnitt Verhauer) und die Wand direkt erklettert, IV.
- Schwarzschnuer, Schussplatz und Jägernase: Den Steinmännern und blassroten Pfeilen folgend über Schuttbänder, Geröllfelder und in leichter Blockkletterei erreicht man die Jägernase, T6.
- Westlicher Gipfelaufbau, S:
Sl1, II+ (25m): Nicht allzu schwierige Kletterei, eine kurze Stelle ist allerdings etwas griffarm und verlangt ein beherztes Antreten auf Reibung.
>> 2 Bh zur Zwischensicherung, Stand hinten an der Wand.
Sl2 Fingerriss, IV (25m): Zuerst ca. 15m dem Riss entlang nach oben klettern, auf der Rückseite dann wieder hinunter klettern (Griffe prüfen) bis zum soliden Stand vor der Runse.
>> Gut abgesichert mit 5 Bh und 2 Nh, Standplatz ist zum abseilen eingerichtet.
- Schuttige Runse zum Gipfel: Ausgesetzt aber gut machbar, auch ohne Seil. Steinschlag möglichst vermeiden, heikel vor allem wenn sich noch andere Personen im oder unter dem Couloir befinden! Am oberen Ende ist ein Abseilstand eingerichtet, so kann der steile Teil sicher überwunden werden, T6.
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//Fulen 2410m (Route: Stock - Fingerriss - Schuttband - Kegelkönig - Kamin - Härdöpfelacher - Fulen)
Da wir uns Dank der Verhauer bereits etwas Verzögerung eingehandelt hatten, liessen wir die Pause auf dem Stock mehr oder weniger sausen, und machten uns stattdessen sogleich an den Abstieg. Vom Gipfel süferli hinab bis zum ersten Abseilstand. Dort 1x25m abgeseilt in die Runse, in welcher wir seilfrei bis zum Stand nach dem Fingerriss abgestiegen waren. Anschliessend bequem in 2x25m hinunter zur Jägernase - yes, das ging für einmal anständig flott!
Rasch hatten wir das Seil verstaut und uns vom Acker gemacht, oder besser gesagt Richtung Kartoffelacker aufgemacht. Über Geröllbänder und Schutthalden, zuerst leicht absteigend, dann wieder ansteigend, erreichten wir den freistehenden, pilzgleichen Kegelkönig, einige Markierungen und sinnvoll platzierte Steinmänner hatten die Wegfindung vereinfacht. Nachdem wir nacheinander zwischen Felswand und Kegelkönig hindurchgeschlüpft waren, gelangten wir schliesslich zu einem steilen Kamin, dessen Besteigung die nächste Hürde darstellen würde.
(Durchgang beim Kegelkönig - eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Spitzkegeligen Kahlkopf ist durchaus vorhanden, doch auf Drogen sollte man hier nicht sein...)
Auf den ersten Metern zum Kamin noch gut gestuftes Schrofengelände und wenig schwierig, mussten bei der Verengung schliesslich einige anspruchsvolle Kletterzüge geleistet werden, der Fels war heikel brüchig, das Gelände exponiert und absturzgefährlich. Doch auch diese Stelle hatten wir souverän gemeistert, und so landeten wir nur wenig später auf dem kargen, der Mondoberfläche gleichenden Gipfelplateau, welches auch liebevoll Härdöpfelacher genannt wird. Die Gedanken wurden automatisch Richtung ausruhen und hinlegen befördert, doch mussten diese rasch wieder verworfen werden, denn wir hatten ja erst Halbzeit auf unserer Reise. Somit erreichten wir in wenigen Schritten den schönen Gipfelaufbau des Fulens 2410m, und gelangten in leichter Kletterei problemlos auf den höchsten Punkt.
Die Schwierigkeiten: T6, III.
Im Detail:
- Schuttband und Kegelkönig: Unübersichtliches Schuttgelände, Dank roten Markierungen und sinnvoll platzierten Steinmännern ist die Route jedoch gut auffindbar. Durchgang zwischen der Felswand und dem Kegelkönig in steilem Schuttgelände, welches sehr schnell in Bewegung gerät. Mann muss hier einfach den 4x4 auspacken und schneller oben sein als die Kiesel unten, T6.
>> Man steigt hier von Vorteil einzeln hoch, um nicht in die Schusslinie zu geraten!
- Kamin: Im Aufstieg zum Kamin exponiertes Schrofengelände, T6. Anspruchsvolle und exponierte Kletterstelle im Kamin, III. Gegen oben hin einfacher.
- Fulen Gipfelaufbau: Vom Härdöpfelacher über kurzen Grat in leichter Kletterei zum Gipfel, II.
(Fulen Gipfelplateau - auch liebevoll Härdöpfelacher genannt)
//Ruchen 2441m (Route: Fulen - Scharte - Nordgrat - Ruchen)
Da wir von der Jägernase bis hierhin wieder etwas Zeit gutmachen konnten, liessen wir es uns nicht nehmen, den Motor einige Minuten ruhen zu lassen, und das schöne Ambiente zu geniessen. Der Blick schweifte unweigerlich auf den scharfen und abweisenden Nordgrat des Ruchen, und schon begann es wieder zu kribbeln in den Händen und Füssen. Also machten wir uns kurz darauf an den Abstieg zur Scharte, welchen den Einstieg zum Ruchen Nordgrat markiert. Mit der nötigen Vorsicht folgten wir den Trittspuren und Steinmännern dem Ostgrat hinab Richtung Gchasseten. Kurzzeitig etwas unachtsam gerieten wir, anstatt einfach in die Scharte zu queren, etwas zu weit hinab zum Geröllfeld, und so sahen wir uns gezwungen, dieses Malheur schnellstmöglich in Ordnung zu bringen. Der Plan, mit einer direkten Aufstieglinie etwas abzukürzen, war leider ebenfalls misslungen, und wir wurden zu einer weiteren, etwas unnötigen und wilden Kletteraktion gezwungen (Verhauer 3, siehe Abschnitt Verhauer).
Nun denn, als wir diesen Fehler korrigiert hatten und endlich in der Scharte standen, wollten wir versuchen den Einstieg in den Nordgrat zu finden. Dazu mussten wir auf der Westseite erst einmal ein steiles und abschüssiges Couloir absteigen, um ehrlich zu sein war uns nicht ganz wohl bei der Sache. Mit angehaltenem Atem stiegen wir die Rinne ab, um sie der ersten Gelegenheit wieder nach links (nord) zu verlassen, und auf Bändern gegen die braune Wand zuzuhalten. Die Begehung der Bänder erfolgte ebenfalls mit äusserster Vorsicht, denn hier war wirklich nichts solide verankert. Wenig später standen wir bei den senkrechten, von der Wand abgespaltenen Platten, welche den Einstieg in den Nordgrat markierten. Hakenmaterial konnten wir noch keines entdecken, doch es würde schon richtig sein hier.
Angeseilt und mit Kletterpatschen ausgerüstet konnte es endlich losgehen. Grundsätzlich befindet man sich am Nordgrat durchgehend in Abenteuergelände; da nur wenige Haken steckten, mussten die beste Route immer wieder gesucht und Verhauer in Kauf genommen werden, der Fels war mal gut, dann wieder super brüchig. Obwohl die Kletterei meist nicht schwierig war, hatte sie an den Kräften gezehrt, da man grösstenteils ohne fix angebrachter Sicherungen unterwegs war, und jeder Griff zweimal geprüft werden wollte. Nach einer veritablen Turmsafari gelangten wir schliesslich doch noch auf den letzten und höchsten Turm, den Hauptgipfel des Ruchen 2441m. Die Quellwolken hatten sich unterdessen wieder verzogen, und so konnten wir endlich eine längere Pause einlegen und das Panorama geniessen. Einen detailierten Beschrieb sowie ein Topo zu den einzelnen Seillängen findet man untenstehend.
Die Schwierigkeiten: T6, S, IV
Im Detail:
- Abstieg vom Fulen in die Scharte. Den Trittspuren und Steinmännern folgend, T5, I.
- Von der Scharte ca. 30m westseitig durch ein steiles, schuttiges Couloir absteigen, dann nach links unter die braune Wand queren und auf Schuttbändern bis zu den markanten, von der Wand abgespaltenen, senkrechten Platten, T6.
- Hier beginnt die Kletterei am Nordgrat, S, IV.
Sl1, IV (30m): Dem linken Riss folgend, meist aber auf der Platte bleibend, gewinnt man diesen Turm, und klettert anschliessend links um die Kante bis man einen soliden Stand erreicht.
>> Es stecken einige Haken an der linken Wand.
Sl2, III (50m): Zuerst etwas nach links über eine Platte auf die Ostseite wechseln, anschliessend die kaminartige Grasrinne empor bis ans Ende (Bh), dann hart nach links wieder im Fels bis zum Stand auf der Kanzel.
>> Es stecken 3 Bh und 1 Nh jeweils auf der rechten Seite der Rinne.
Sl3, IV+ (20m): Feingriffiges, luftiges Wändchen zu Beginn, anschliessend leichter bis zum Stand in einer Scharte.
>> War dies die Crux?
Sl4, IV+ (20m): The Blade - zuerst im Reitersitz, dann auf der Ostseite griffig aber exponiert aber gut abgesichert bis ans Ende klettern. Nun auf die Westseite wechseln und einige Meter in die Scharte abklettern (Crux, auch hier stecken Bh). Griffe auf Festigkeit prüfen.
>> Beim obersten Bh auf der Westseite ist ein fixer Karabiner installiert, so kann der Seilzweite bequem abgelassen werden. Anschliessend kurz ausbinden und das Seil durchziehen (danach wieder einbinden).
Sl5, IV (40m): Der Turm - Von der Scharte zuerst einige Meter horizontal gegen den Turm halten, anschliessend dem linken Verschneidungssystem folgen und in griffiger Kaminkletterei den Grat gewinnen. In brüchigem Gelände einige Meter nach rechts bis zum neuen Stand in der Scharte.
>> Spärlich abgesichert (1 Nh im ersten Drittel), kann allerdings mit Friends zusätzlich ausgerüstet werden. Fels auch hier auf Festigkeit prüfen.
Sl6, II+ (20m): Den nächsten Turm umgeht man einige Meter auf der Ostseite über eine Platte, anschliessend leicht über den Grat, bis man leicht absteigend zu einem weiteren Turm gelangt und mit etwas Fantasie einen Stand einrichten kann.
>> Weder Haken noch Standplatz gesichtet.
Sl7, III (40m): Den folgenden Turm hatten wir ostseitig umgangen. Zuerst nach links einige Meter absteigend und kletternd in eine grasige Rinne (heikel, grosse, lose Blöcke), welche anschliessend bis auf die letzten Meter leicht zu begehen ist. Zuletzt in einigen Kletterzügen über die Klemmblöcke steigen und in der Scharte darüber mittels Bandschlinge einen Stand einrichten.
>> Weder Haken noch Standplatz gesichtet.
Sl8, IV- (50m): Den folgenden Turm etwas rechts (westseitig) der Gratkante erklettern, nach einigen leichten Metern dann heikel links (ostseitig) der Gratkante abklettern. Stand in der Scharte an einigen Friends.
>> Weder Haken noch Standplatz vorhanden. Die Seillänge kann aber mit einigen Friends zusätzlich abgesichert werden. Allerdings dann ziemlich psycho für den Seilzweiten, da man beim abklettern von oben nicht mehr gesichert ist!
Sl9, III- (55m): Von der Scharte einige Meter westseitig absteigen, dann in nördlicher Richtung zum Gipfelturm queren und in leichter Kletterei, zuletzt am auslaufenden Seil, bis auf den Gipfel. Stand an einem Block mittels Bandschlinge.
>> Weder Haken noch Standplatz gesichtet.
>> Hier zuerst noch einen Verhauer produziert (Verhauer 4, siehe Abschnitt Verhauer), indem ich von der Scharte direkt über den Grat weitergeklettert bin, schon bald aber vor dem Nichts gestanden hatte. Somit alles wieder zurück.
>> Die veranschlagte Zeit von 2h von der Scharte bis zu Gipfel ist nicht realistisch, wenn man vom Einstieg am Nordgrat bis zum Gipfel alles durchsichert.
>> Ein Topo vom Ruchen Nordgrat gibt es hier: klick!
>> Zusätzlich ein Foto-Topo vom Ruchen Nordgrat: klick!
>> Eine schöne Übersicht über alle Nordrouten am Ruchen gibt es hier: klick!
(Ruchen Nordgrat - kurz vor dem grossen Turm)
//Talalpsee Pkt. 1086m (Route: Ruchen - Südgrat - Gendarm - Schutthalde - Hummel - Talalpsee)
Der 3. und letzte Gipfel war erreicht, doch musste der Druck für weitere 2h aufrecht erhalten werden, denn die Tour würde erst fertig sein, wenn wir wieder sicheren Boden unter den Füssen hätten. Der Abstieg über den S-Grat war zwar nicht mehr allzu schwierig, Trittspuren und Steinmänner erleichterten die Wegfindung, die Kletterstellen waren rar und einfach, doch befand man sich eben immer noch in Absturzgelände, und der Fels war auch noch nicht besser geworden. Langsam und stetig stiegen wir ab, kurzzeitig auf die Ostseite ausweichend, dann wieder zurück auf den Grat, bis wir die Scharte vor dem grossen Gendarm erreichten.
Erfreut über die solide wirkende Abseilstelle hatten wir noch einmal das Seil hervorgeholt und über die kurze Steilstufe auf die Westseite abgeseilt (Es wäre auch ein Drahtseil installiert gewesen, dieses hatten wir leider etwas zu spät entdeckt). Anschliessend brauchten wir bloss der Schuttrinne zu folgen, einmal links und dann wieder rechts davon, aber durchgehend mühsam, bis wir auf die grosse Schutthalde gelangten, und bequem dem Tal entgegen surfen konnten. Unten im Chüetal angelangt, saugten wir die letzten Tropfen aus unseren Trinkflaschen (schon auf dem Ruchen hatten wir das Wasser eingeteilt), bevor wir auf dem Wanderweg, am Spaneggsee und Talalpsee vorbei, das Bergrestaurant Talalp erreichten, und den unterdessen sehr grosssen Durst mit literweise kühlen Getränken stillen konnten. Ansonsten fühlten wir uns gut, zufrieden und auch etwas stolz, diese nicht ganz alltägliche Reise souverän gemeistert zu haben.
Die Schwierigkeiten: T5+, II
Im Detail:
- Südgrat und Ostflanke: Gut gestuftes, wenn auch abschüssiges Gelände, auf dem Grat einige kurze Kletterstellen. Trittspuren und Steinmänner erleichtern die Wegfindung, T5+, II.
- Scharte und westseitiges Schuttcouloir: Erheblicher Steinschlag im Couloir, Vorsicht wenn sich mehrere Personen im Auf- und/oder Abstieg befinden. Im Aufstieg zur Scharte kann das Drahtseil zur Hilfe genommen werden, im Abstieg ist ein Abseilstand vorhanden, T5+, I.
(Mürtschen-Überschreitung von links nach rechts)
//Fazit
Die Mürtschenstock-Überschreitung ist eine grandiose und imposante Bergfahrt, die Liebhabern von unübersichtlichem und brüchigem Abenteuergelände wärmstens empfohlen werden kann! Die Tour empfanden wir nicht nur körperlich als sehr anstrengend, auch der Kopf wurde stark gefordert, da man sich über 9h konstant in brüchigem Absturzgelände bewegt, und während dieser Zeit immer voll bei der Sache sein muss! Dafür wird man durchwegs mit einer einzigartigen Ambiance belohnt.
Des vermeintlich ortskundingen Partners Spürsinn und Erinnerungsvermögen für die Routenfindung liess leider zu wünschen übrig - was aber nicht weiter verwunderlich war nach so langer Zeit. Somit sahen wir uns oft zu unnötigen Manövern gezwungen; dies war einerseits spannend, aber auch sehr ermüdend für den Geist.
Es ist jetzt nicht so, dass ich morgen bereits wieder an den Mürtschen möchte um mich der vielen objektiven Gefahren auszusetzen - aber es hatte mir trotzdem sehr gefallen, vielleicht war der Berg auch einfach gnädig mit uns? Wie auch immer, es war bestimmt nicht das letzte Mal, dass ich einen Ausflug in die Welt der brüchigen Türme machte.
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//Die Zeiten:
Start Talalp Pkt. 1128m um 07:00 Uhr.
Pause Hohmatt Pkt. 1859m um 08:03 Uhr.
Start Hohmatt Pkt. 1859m um 08:08 Uhr.
Zwischenzeit Jägernase (Wandfuss) 2270m um 09.57 Uhr.
Ankunft Stock 2390m um 10.43 Uhr.
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Start Stock 2390m um 10.45 Uhr.
Ankunft Jägernase (Wandfuss) 2270m um 11.10 Uhr.
Start Jägernase (Wandfuss) 2270m um 11.13 Uhr.
Ankunft Fulen 2410m um 12.09 Uhr.
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Start Fulen 2410m um 12.18 Uhr.
Zwischenzeit Scharte (nach Verhauer) 13.03 Uhr
Ankunft Ruchen 2441m um 15.50 Uhr.
Start Ruchen 2441m um 16.08 Uhr.
Ankunft Chüetal 1700m um 17.40 Uhr.
Start Chüetal 1700m um 17.50 Uhr.
Ankunft Berggasthaus Talalp (Talhütten 1124m) um 18.54 Uhr.
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Total: 11:54h (inkl. aller Pausen und Verhauer)
Total ohne Pausen: 11:20h
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//Verhauer:
Nr. 1 (Aufstieg zum Stock), Zeitverlust 15 Minuten: Nach der Schutzhütte das Geröllfeld traversiert und auf einigen hundert Metern weiter dem exponierten Band gefolgt bis zu einer Schlucht, anstatt unmittelbar nach dem Geröllfeld links gegen den Nordgrat hochzusteigen.
Nr. 2 (Felsriegel unter dem Schussplatz), Zeitverlust 15 Minuten: Anstatt einige Meter ostseitig zu einem markanten, mit Haken ausgerüsteten Riss zu queren, hatten wir den Felsriegel an einer griffarmen Wand überwunden (IV). Wenigstens konnten wir mit einem Friend zusätzlich absichern. Heikles, griffarmes Topout mittels Kniestand.
Nr. 3 (Abstieg in Scharte zwischen Fulen und Ruchen), Zeitverlust ca. 35 Minuten: Den Wegspuren/Steinmännern fast bis hinunter nach Gchasseten gefolgt, anstatt auf ca. 2300m in die Scharte zu traversieren. Somit wieder hoch gegen die Scharte gehalten, zuletzt in heikel brüchigem Gelände, und schliesslich auf dem ersten Gratturm gelandet, welchen wir vorsichtig entlang der Gratkante zur Scharte abklettern mussten.
Nr. 4 (Ruchen Nordgrat), Zeitverlust 10 Minuten: Schwierige Routenfindung, u.a. auf einen Turm geklettert anstatt westseitig zu umgehen.
//Ausrüstung:
- Helm
- 50m Einfachseil
- Klettermaterial: Klettergurt, Abseilgerät, Bandschlingen, Karabiner, kleines Set Friends (Cam Gr. 0.4-1), 7 Express.
- Kletterfinken
- Leichte Bergschuhe
// Snacks & Liquids
- 1 Banane, 1 Engergie-Gel, 1 Powerbar, 1 Snickers, 1 Biber
- 2l Flüssigkeit (knapp)
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GPS-Tracks Nord
GPS-Tracks Süd
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Überschreitung können hier heruntergeladen werden (gpx file). Gut zu sehen auch die produzierten Verhauer.
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Bemerkungen:
Die Mürtschen-Überschreitung zählt meines Erachtens zu den grossen, alpinen Unternehmungen, obwohl die Gipfel nicht einmal die 2500m Grenze knacken. Eine Kombination aus guter Kondition, Orientierungssinn, Trittsicherheit, Schwindelfreiheit, Klettergeschick und nicht zuletzt stabilem Wetter sind Voraussetzung für ein erfolgreiches Gelingen! Sie sei vor allem Liebhabern von unübersichtlichem und brüchigem Abenteuergelände wärmstens empfohlen!
Wenn es sich irgendwie einrichten lässt, geht man von Vorteil mit einem Eingeweihten an den Berg, oder aber man nimmt einige Verhauer und einen langen Tag in Kauf.
Regen oder Gewitter sind dabei dringlichst zu vermeiden, spontaner Steinschlag oder akute Ausrutsch- resp. Absturzgefahr wären die Folge.
Für den Ruchen Nordgrat empfiehlt es sich Kletterfinken dabeizuhaben, so klettert man doch einige Seillängen im 4. Schwierigkeitsgrad, und dies oftmals ohne Zwischensicherungen.
Im Gegensatz zur Mürtschen-Überschreitung sind die Zentralschweizer Voralpenklassiker (Mythen, Brennaroute, etc.) reinstes Bisiwasser... ;-)
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Begehung | = Onsight = Rotpunkt = Flash = Durchstieg = Toprope = Projekt |
Bewertung (Klettertour) | * = Wenn man nichts Besseres zu tun hat! ** = Nicht sehr interessante Route *** = Schöne Route, empfehlenswert! **** = Sehr schöne Route, nicht zu versäumen! |
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