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 | Tourendetails Tödi (Piz Russein 3614m) |
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Tourenart | Skitour (Speed) |
Datum | 15.03.2014 |
Region | |
Kartennummer | 246 S Klausenpass, SAC Skitouren Glarus - St. Gallen - Appenzell |
Link zum Kartendienst |  |
Anforderung | S 4.2 |
Besucherandrang | Schwach frequentiert |
Gletscher | Vorsicht: Tour führt über Gletscher, anseilen kann erforderlich sein! |
Kondition | A |
Distanz | 30km
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Höhenmeter | 2900m 2900m |
Lawinenbulletin | gering (siehe Slf-Archiv) |
Exposition | Alle Exp. |
Gipfel erreicht? | Ja |
Bewertung (Erlebniswert) | schön |
Beschreibung | Tödi (Piz Russein) 3614m, mit Thomas
(Tödi Ostwand - Gletscherbruch)
//Motivation
Nach Tagen von beinahe uneingeschränktem Sonnenschein war für heute Samstag ein Wetterwechsel angekündigt. Für den Tödi sind das bekannterweise nicht die allerbesten Vorzeichen. Der computerbasierte Wetterbericht hatte für den Gipfel in den frühen Morgenstunden Böenspitzen von lediglich 40km/h vorhergesagt, dies tönte trotzdem ziemlich verheissungsvoll, und so wollten wir einen Versuch wagen. Denn bei zeitigem Start sollten wir locker noch vor der Front wieder zurück im Tal sein. Wie lange wir benötigen würden war etwas unklar; vor elf Jahren, als junger Bergsteigernovize, brauchte ich zusammen mit einer Gruppe mehr als 7.5h, und war anschliessend total fertig und ausgepowert (Bericht). Heute war es um Fitnessstand, Erfahrung und Material deutlich besser bestimmt, so durften wir mit Bestimmtheit damit rechnen diese Zeit unterbieten zu können. Wir hatten somit eher defensiv 6-7h veranschlagt.
//Tour
Als wir die Suche nach dem Autoschlüssel erfolglos aufgegeben hatten, sind wir um 03:30 Uhr etwas verspätet in Tierfehd Pkt. 805m gestartet. Der volle Mond schien klar vom Himmel und die Sterne funkelten, die Temperaturen lagen leicht im positiven Bereich, vom angekündigten Wetterwechsel war zumindest jetzt noch nichts zu sehen/spüren. Der erste Kilometer bis nach dem Tunnel resp. nach der Brücke bei Pkt. 988m war ziemlich mühsam, da der Schnee auf diversen Abschnitten bereits weggeschmolzen war und zu zeitraubenden Portagen gezwungen hatte. Nach der Brücke konnten wir endlich Fahrt aufnehmen und zügig ins flache Tal hinein schreiten. Nach den Hütten von Hinter Sand Pkt. 1300m ging's dann endlich bergwärts. Der Schwung wurde allerdings schon bald von einer überdimensionierten Nassschneelawine gebremst, welche wohl erst kürzlich zwischen dem Hüttenwald und Rietlen über die Aufstiegsspur abgegangen war. Somit hatten wir uns mühsam zwischen den Lawinenböllern hindurchzukämpfen. Ab 1500m wurde die Spur dann endlich besser und wir konnten zügig vorausschreiten. Nach der unendlich langen Hangtraverse bei Tentiwang erreichten wir auf 1960m den Ausläufer des Bifertenfirns.
Die zwei Stirnlampen, welche wir schon seit einer Stunde weit vor uns ausmachen konnten, befanden sich unterdessen mitten in der Querung des 1. Gletscherbruchs, dies war ebenfalls unser nächstes Ziel. Im Flachstück hatten wir uns noch mit einem Gel gestärkt, bevor uns eine gute Spur ohne Eiskontakt schliesslich durch den Bruch geführt hatte. Wenig später, die zwei schwer bepackten Jungs nun hinter uns gelassen, standen wir am Einstieg ca. 2630m zur legendären Schneerus. In solider Rennmanier hatten wir die Steigeisen angelegt und die Ski's geschultert, um sogleich mit dem Fussaufstieg zu beginnen. Mitten im Couloir hatte ich dann kalte Finger bekommen, was mich kurzerhand die warmen Dynafit Überhandschuhe montieren liess. Thomas stieg schon etwas vor damit er nicht auskühlte, mit dem gezündeten Turbo konnte ich dann wenig später am Ausstieg ca. 2820m wieder zu ihm aufschliessen.
Nun blieben noch 800hm bis zum höchsten Punkt, fast schon ein Katzensprung verglichen mit den bereits absolvierten Pensum! Ich hatte aber in Erinnerung, dass sich der Schlussanstieg dann noch ziemlich in die Länge zieht; vielleicht liegt es auch einfach daran, dass man gegen Ende ungeduldig wird und es kaum mehr erwarten kann, bis man auf dem Gipfel steht und die Plackerei endlich ein Ende hat. Heute war dies kein Thema, mit montierten Harscheisen konnten wir das Tempo aufrecht erhalten, und bis kurz vor dem Gipfel sauber durchziehen. Nur im letzten Steilhang gerieten wir etwas ausser Atmen, vielleicht spürten wir beide etwas die Höhe, wenn auch nur ein bisschen. Und dann standen wir oben, auf dem höchsten Glarner, und dies nach einer Aufstiegszeit von lediglich 4:40h. Hätten wir vorher gewusst, dass der Tödi rauf und runter in einem halben Tag zu schaffen wäre, dann wären wir nicht zu derart früher Stunde aus den Federn gekrochen!
Nun war es erst 08:00 Uhr und der Husarenstreich bereits vollbracht! Der Schnee im oberen Bereich des Bifertenfirns konnte zu dieser frühen Stunde natürlich noch nicht richtig auffirnen; durch die hohe Bewölkung mit wenig Sonneneinstrahlung war es allerdings sowieso fraglich, ob dies heute überhaupt der Fall sein würde. Wie auch immer, nach den obligaten, uninspirierten Gipfelfotos machten wir uns schon bald von dannen. Es war recht frisch hier oben, und der böige Wind, welcher bisher kaum ein Thema war, hatte auf dem Gipfelplateau seine Angriffsfläche gefunden. Die Abfahrt war erwartungsgemäss ziemlich holprig, beide waren wir froh nicht die dünnen Rennskis mitgenommen zu haben. Die steile Schneerus präsentierte sich so wie ich es gerne hatte: hart aber griffig. Die Kickturns verlangten durchaus ein gewisses Mass an Selbstvertrauen, alternativ hätte man natürlich auch einfach abrutschen können, wie es von einer grossen Mehrheit praktiziert wird. In der Folge wurde der Schnee zur grossen Überraschung rasch weicher, und so konnten wir am Rande der imposanten, zerfurchten Gletscherkulisse ins Gletscherbecken abfahren.
Nun galt es schliesslich noch die Kür resp. die Pflicht zu erfüllen, den mit etlichen Gegenanstiegen gespickten Weg zurückzustöckeln/skaten, und zu guter Letzt vom Tunnel zu Fuss nach Tierfehd abzusteigen. Ein Willensaufgabe, denn am liebsten hätte ich mich auf der Stelle hingehockt und die Füsse von mir gestreckt. Als wir beim Auto eintrafen erstmal die Erleichterung, dass unsere Sachen noch alle vorhanden waren, da wir das Auto nicht hatten abschliessen können. Wir begaben uns somit wieder auf die Schlüsselsuche, und wurden nach wenigen Minuten tatsächlich fündig, der Tag war gerettet! Als Belohnung wollten wir uns nun etwas Süsses schenken, und hatten kurzum das Cornetto in Enneda aufgesucht.
(Abfahrt durch die Schneerus - links die Türme des 2. Abbruchs)
//Fazit
Zu unserer Überraschung hatten wir den Tödi zur netten Vormittagsspritztour degradiert ;-) Bis auf die Start- resp. Endphase konnten wir von besten Verhältnissen (Gletscher und Schneerus) und einer guten Spuranlage profitieren, dies war natürlich äusserst hilfreich für eine schnelle Begehung. Auch das Wetter war uns gnädig und wurde nicht zum Spielverderber; die Fernsicht wurde zwar getrübt durch den milchigen Himmel und hohe Wolken, doch der Wind war praktisch kein Thema. Nur auf dem Gipfel war es bisweilen recht ungemütlich, so blieb die ausgiebige und gemütliche Gipfelrast erneut auf der Strecke.
// Die Zeiten
- Start Tierfehd Pkt. 805m um 03:27 Uhr.
- Zwischenzeit Hinter Sand Pkt. 1300m um 04:35 Uhr.
- Zwischenzeit Einstieg Schneerus 2630m um 06:37 Uhr.
- Zwischenzeit Ausstieg Schneerus 2820m um 07:00 Uhr.
- Ankunft Piz Russein 3614m um 08:09 Uhr.
- Start Piz Russein 3614m um 08:24 Uhr.
- Ankunft Tierfehd Pkt. 805m um 10:27 Uhr.
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- Total Aufstieg: 4h42min
- Total Auf- und Abstieg: 7h
//Mitgeführte Ausrüstung
- Gute Stirnlampe (Lupine Piko X Duo)
- Helm (nicht zwingend)
- Leichte Boots (DY.N.A. EVO)
- Gute Skis (Dynafit Seven Summit, wir hatten uns gegen die Mitnahme von Leichtskis entschieden)
- Warme Überhandschuhe sowie ein praktisches Windstopper-Gilet (zusätzlich zu den Standart-Kleiderschichten)
- Steigeisen (Alu)
- Anseilgurt
- Pickel (nicht zwingend)
- GPS
//Verpflegung
- vorher: 1 Banane, 1 selbstgemachter Energiekeks (Rezept von Yves, danke!)
- während: 2 Stk. Winforce Ultra Energy Complex, 1 Stk. Sponser BCAA, 1 Stk. Twix, 7dl Winforce Carbo Basic Plus
- nachher: Sponser Recovery, Süssgebäck (@ Cornetto Enneda)
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GPS-Profil
GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte der gesamten Tour können hier heruntergeladen werden (gpx file).
Bemerkungen:
Die Skischwierigkeit 4.2 bezieht sich lediglich auf die Schneerus, und auch nur wenn man das Couli nicht bloss runterrutscht, wie es wohl die meisten machen ;-)
Unbestätigten Berichten zufolge schaffte der Skibergsteiger Rico Elmer die Strecke in 3:05h, das ist wirklich eine Wahnsinnszeit! Mich würde interessieren ob er ebenfalls in Tierfehd gestartet ist und welche Verhältnisse er angetroffen hat.
Update I
Am 12.4.2015 erreichte Geri Schneider in 3:02'09 den Piz Russein 3614m, so viel ich weiss ist das ein neuer Rekord - herzliche Gratulation!
Update II
Der Speedrekord am Tödi liegt unterdessen bei sagenhaften 2:49:17, aufgestellt ebenfalls von Geri Schneider am 19.03.2016.
Falls man die Variante über die Schneerus wählt, kann man durchwegs seilfrei gehen, und auf die Mitnahme der Gletscherausrüstung verzichten. Dies allerdings auf eigenes Risiko, denn auch im Gipfelhang werden diverse versteckte Spalten überquert.
Detaillierte Wetterdaten aus Linthal-Tierfehd: klick!
Weitere Berichte vom Tödi findet man hier: klick!
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