Beschreibung | 12. Graubünden Marathon 2014
(Am Abend vor dem Rennen - noch ist's ruhig am Parpaner Rothorn 2865m)
//Motivation
Nun war es endlich soweit: der erste kompetitive Marathon stand vor der Tür! Als Premiere hatte ich mir natürlich nicht irgendeinen Marathon ausgesucht, sondern gleich den härtesten Marathon der Welt, wie es uns der Veranstalter vermitteln möchte. Die Strecke führt von Chur 590m hinauf auf's Parpaner Rothorn 2865m, dabei legt man 42.195km und 2682 positive Höhenmeter zurück. Dies waren ziemlich eindrückliche Zahlen, doch ich hatte mich über Monate gut vorbereitet und war zuversichtlich, dass ich den Anforderungen nun gewachsen sein würde.
Eigentlich wollte ich das Rennen mit meinem Kumpel Yves bestreiten, doch hatte er sich am Knie verletzt und musste leider Forfait geben. Sehr schade für ihn aber ein grosses Glück für mich, da er sich trotzdem bereit erklärt hatte dem Rennen beizuwohnen, und mich im letzten Abschnitt mental zu unterstützen! Darüber war ich bereits jetzt sehr dankbar und auch über die Möglichkeit, bereits am Vorabend anzureisen und in Churwalden bei seinem Kollegen zu übernachten. Ich nutzte die Gelegenheit, um auf der Lenzerheide die Startnummer abzuholen und etwas spazieren zu gehen. Das Rothorn präsentierte sich dabei im goldenen Abendlicht, noch war alles ruhig am Berg...
(Startnummer gefasst - es kann losgehen!)
//Race
Da ich die Startnummer bereits am Vorabend gefasst hatte konnte ich es erst einmal ruhig angehen lassen. Gemütlich aufwärmen und gelassen bleiben. Spätestens als wir uns unter dem Startbogen einzureihen hatten war der Puls auf Betriebstemperatur, nun galt es also ernst!
Um 09:15 Uhr ist der Startschuss gefallen. Im Gegensatz zu den kürzeren Bergläufen war das Tempo nicht schon von Beginn weg unmenschlich, jeder war bedacht seinen eigenen Rhythmus zu finden. Die Temperaturen waren föhnbedingt hoch, glücklicherweise konnten wir nach einigen Kilometern auf der besonnten Strasse bereits in den kühlen Wald eintauchen. Gut aufgewärmt ging es nun bergwärts. Eigentlich wollte ich auch auf den steilen Anstiegen mit dem Puls nie über 155bpm gehen, musste aber einsehen, dass dies aktuell nicht möglich war, ausser ich würde zu meinen Vorläufern abreissen lassen. Ich hatte somit die persönlich gesetzte Limite um 5 Schläge nach oben korrigiert, was mir zu diesem Zeitpunkt immer noch gut zu verantworten war, ich nachhinein betrachtet war dies sicher ein Fehler.
Bis Churwalden Pkt. 1240m (12k) war ich einigermassen frisch und konnte gut mithalten, dort gönnte ich mir beim Verpflegungsposten eine kleine Trinkpause, wodurch sich die Vorläufer etwas absetzen konnten. Aber dies war mir einerlei, der Weg war sowieso noch weit. Der folgende Abschnitt über Büel und Foppa Pkt. 1753m bis nach Parpan Pkt. 1493m (23k) war landschaftlich sehr ansprechend, dafür eintönig zum laufen, mehrheitlich auf Asphaltstrassen, nur kurz unterbrochen von einigen schönen Trails. Ich war immer noch gut unterwegs und hatte kaum Zeit eingebüsst, merkte nun allerdings, dass ich nicht mehr ganz so spritzig war.
Im weiteren Verlauf über Valbella bis zur Lenzerheide Pkt. 1469m (31k) musste ich schon ziemlich auf die Zähne beissen; immerhin lief man hier meist abseits der Strasse, und der Abschnitt rund um den idyllischen Heidsee war wirklich sehr schön, sicher eines der Highlights dieses Marathons! Am Verpflegungsposten hatte ich dann noch einmal etwas gegessen, viel getrunken (3 Becher) und mich mit einem weiteren Gel eingedeckt, bevor ich mich ans Filetstück machte, den steilen und harten Anstieg auf den Gipfel des Parpaner Rothorns.
Bis anhin blieb ich von Krämpfen verschont und ich hoffte natürlich, dass dies auch in der Folge so bleiben würde. Leider kamen die Krampferscheinungen in den Aduktoren dann früher als erwartet. Das erste Steilstück hinauf zum Wasserfall Pkt. 1826m (33.5k), welches ich mal joggend, mal gehend bewältigt hatte, gelang mir noch erstaunlich gut. Im folgenden Flachstück nach Scharmoin Pkt. 1904m (36k), bei welchem man eigentlich wieder etwas Tempo machen könnte, hatte ich dann einen krassen Einbruch. Trotz niedrigem Puls war ich so ziemlich am Ende, die Beine wollten nicht mehr und ich musste bei jedem Schritt aufpassen um nicht den Krampf zu bekommen. Diese 2.5k bis zur Mittelstation Scharmoin erschienen mir ewig, und tatsächlich hatte ich auf dieser Strecke viel Zeit eingebüsst.
(Herzfrequenz vs. Höhenmeter - die Luft war draussen)
Ich hatte allerdings noch einen Strohhalm an dem ich mich festhalten konnte, meinen perfekt platzierten Joker! Ich hatte mit Yves abgemacht, dass er mich hier erwarten würde, und da standen er und Bulan tatsächlich, mit einer frischen Cola in der Hand und den Armlingen parat, da es unterdessen merklich kühler geworden war. Seine motivierenden Worte hatte ich allerdings nur entfernt wahrgenommen, ich war fix und fertig. Der Anblick des Parpaner Rothorns 2865m gab mir noch den Rest, bis zum Ziel (42.2k) mussten weitere 1000 Höhenmeter absolviert werden! Ich hatte gegenwärtig Zweifel ob ich das wirklich schaffen würde.
Yves hatte sich spontan entschlossen mich auf dem Schlussabschnitt zu begleiten, und dies war schliesslich meine Rettung. Nachdem wir ein gutes Stück gegangen waren und ich mich etwas erholen konnte, fand ich tatsächlich die Kraft um wieder etwas anzuziehen. An seine Fersen geheftet kam ich dem Ziel immer näher und die Zuversicht wurde grösser, dass ich meinen ersten Marathon doch noch würde finishen können. Den Abstand zu den nachfolgenden Läufern konnte ich unterdessen wieder vergrössern, diese würden wir nicht mehr gefährlich werden. Dann kam der Torbogen in Sichtweite, jetzt war es nicht mehr weit. Mit letzten Kräften schob ich mich über die Ziellinie, wo ich mit aufmunterndem Applaus und einer wärmenden Decke in Empfang genommen wurde.
Als erstes galt es den Flüssigkeitsverlust auszugleichen, dazu standen Tee, Bouillon oder isotonische Getränke zur Verfügung. Doch es wollte keine Ruhe einkehren bei mir, statt einem wohltuenden Spannungsabfall verspürte ich nun starke, ziehende und kaum auszuhaltende Schmerzen in den Beinen - es begann eine weitere Tortur! Ich hätte mich am liebsten hingelegt und die Beine massieren lassen, doch weder das eine noch das andere waren zur Zeit möglich. Nachdem ich mich umgezogen hatte sahen wir zu dass wir schnellstmöglich vom Berg runterkamen, denn bei der Zwischenstation Scharmoin wartete Bulan auf uns - als professionelle Masseurin würde sie mir bestimmt Linderung verschaffen können!
Und so war es dann auch. Bereits während der Talfahrt zur Lenzerheide konnte sie mir in der Gondel die Beine soweit lockern, dass ich die Schmerzen in den Griff bekam und endlich etwas entspannen konnte. Zurück in Churwalden, nach einer weiteren Massage und einem Glas Salzwasser (1 Teelöffel Salz, 1 Teelöffel Zucker), fühlte ich mich umgehend besser, und nach der Dusche schliesslich wie neugebohren, ich war wieder am leben! Zufrieden und mit einem grossartigen Gefühl im Bauch machte ich mich wenig später auf die Heimreise.
(Zielankunft Parpaner Rothorn 2865m - Foto credit www.alphafoto.com)
//Fazit:
Endlich hatte es geklappt mit meinem ersten Marathon! Der Weg und das eiserne Training waren recht intensiv, wie man dieser Liste entnehmen kann. Inkl. Graubünden Marathon hatte ich in diesem Jahr bereits über 1050km in den Beinen, gepaart mit 38456hm. Doch der Aufwand machte sich bezahlt, ich konnte den Lauf mehr oder weniger sauber durchbringen und mit einer ganz passablen Zeit die Ziellinie überqueren. Obwohl ich nach 30k einen Einbruch erlitten hatte bin ich mir nicht sicher, ob ich wirklich viel schneller gewesen wäre, wenn ich das Rennen besser eingeteilt hätte resp. etwas verhaltener gestartet wäre. Das Wetter war dagegen optimal heute; zu Beginn sonnig und warm, später zog Bewölkung auf aber es blieb durchwegs trocken, die Temperaturen im Gipfelbereich lagen immer noch im angenehmen Bereich.
Auch wenn ich das Gesamterlebnis Graubünden Marathon 2014 rückblickend sehr genossen habe, empfand ich die Strecke selbst eher als durchschnittlich und monoton, sie glich mehr einem Volkslauf als einem technisch attraktiven Berglauf. Bis auf den schönen Abschnitt von der Lenzerheide auf's Rothorn verlässt man nur selten die gut ausgebauten Asphalt- oder Naturstrassen; es gäbe hier sicher noch Möglichkeiten zur Optimierung - doch dies liegt wohl kaum im Interesse der Organisatoren, da man schliesslich auch den vielen Zuschauern etwas bieten möchte, und somit in der Nähe der Dorfzentren bleibt. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle nicht ausschliessen, dass ich im nächsten Jahr dennoch wieder am Start sein werde...
Herzlichen Dank an Dynafit, die Athleten sowie Breitensportler, im Sommer wie auch im Winter, stets mit innovativem, intelligent durchdachtem und absolut zuverlässigem Material ausstatten! Ich war heute einmal mehr mit dem Feline Ghost unterwegs, auf welchen ich mich wie immer vollends verlassen konnte.
(12. Graubünden Marathon 2014 Finisher)
//Facts:
- Route: Theater Chur - Passugg - Churwalden - Büel - Foppa - Parpan - Valbella - Heidsee - Lenzerheide - Wasserfall - Scharmoin - Foil Cotschen - Parpaner Rothorn.
- Distanz: 42.195km
- Höhenmeter: 2682m
- Höhenprofil und offizielle Routenbeschreibung
- Terrain: 25% Asphalt, 50% Naturstrassen und Wanderwege, 25% Bergwege.
- Zeit: 4:50'21
- Schnittpuls: 147bpm
- Maxpuls: 169bpm
- Verpflegung: 3-4 Gels, 4 Salzkapseln, Bananenstücke.
- Ranking: Platz 14/53 (Kat. M30), Platz 27/205 (Overall Männer).
- Ranglisten: klick!
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GPS-Profil
GPS-Tracks
Wegpunkte
Die Wegpunkte des Graubünden Marathons können hier heruntergeladen werden (gpx file).
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Bemerkungen:
Graubünden Marathon vs. Ultra Zermatt Marathon: Ein Kollege von mir hatte beide Rennen bestritten und mit der exakt gleichen Zielzeit eingecheckt! Dies obwohl der Ultra Zermatt Marathon um 3.2k länger ist. Es werden dafür ca. 200hm eingespart. Ansonsten dasselbe in Grün: unattraktive Streckenführung, Volkslaufcharakter mit vielen überforderten Läufern am Start - dies war beim Graubünden Marathon immerhin nicht der Fall...
Persönliche und als sinnvoll empfundene Verpflegungstaktik: Jeweils ein Gel auf Vorrat mitnehmen, dieses kann dann kurz vor dem nächsten Verpflegungsposten gegessen werden. Am Posten mit Flüssigkeit runterspülen und ein weiteres Gel auf Vorrat schnappen. Dieses wird dann wieder kurz vor dem nächsten resp. gewünschten Verpflegungsposten gegessen und mit Flüssigkeit runtergespült. Wieder ein Gel schnappen, usw. Zusätzlich zu den Gels sind auch Salzkapseln sehr nützlich um Krämpfen vorzubeugen. Diese ebenfalls kurz vor den Verpflegungsposten parat machen um dann mit Flüssigkeit runterzuschlucken. Ich hatte die Salzkapseln jeweils im Wechsel mit den Gels konsumiert.
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