Beschreibung | Rätikon - Drusenfluh - Konflikt 7a+, 6b obl. 11 Sl. (***), mit Bruno
(Drusenfluh S-Wand - Konflikt verläuft mehr oder weniger in Wandmitte)
Die Route Konflikt bietet schöne und abwechslungsreiche, manchmal leider etwas inhomogene Wand- und Plattenkletterei in bestem, rauhem Rätikonfels. Plattig und eher gemütlich beginnend, wird die Route zuletzt sehr steil und athletisch in griffigem, wasserzerfressenem Fels, die Ausstiegsseillänge ist dann wieder gemütlich. Die kompakte Wand wird ab und zu von einem Schuttband durchbrochen, dies ist für die Kletterei aber nicht weiter störend, im Gegenteil findet man so immer wieder ganz gemütliche Standplätze! Die Route ist an den Schlüsselstellen gut mit Bohrhaken abgesichert, in einfacherem 6er-Gelände müssen machmal etwas längere Hakenabstände und Runouts (> 10m) in Kauf genommen werden, diese können jedoch oft mit mobilen Sicherungsgeräten entschärft werden.
Anfahrt von Schuders auf der Naturstrasse bis zum Grüscher Älpli, dann noch etwas weiter, zuletzt ziemlich holprig, bis zum Parkplatz auf der linken Seite, einige Meter unterhalb der Kletterhütte Pardutz, auf ca. 1700m. Zustieg zum Wandfuss auf ca. 2250m in 1.5h, zuletzt sehr mühsam das steile Geröllfeld hoch.
Nachdem wir letztes Jahr nach vier Seillängen bei strömendem Regen abbrechen-, und den Plan B zu Rate ziehen mussten (siehe Bericht), sollte es dieses Jahr am Nationalfeiertag endlich klappen. Immerhin wussten wir unterdessen genau wo sich der Einstieg befindet (bei einem Turm/Vorbau mit weisser Schlinge, dieser war heute jedoch unter einem Schneefeld verborgen). Um 09.35 Uhr sind wir somit hoch motiviert in die Tour eingestiegen, leider noch im Schatten bei ziemlich frostigen Temperaturen (die Sonne scheint im Sommer erst ab ca. 10.45 an die Wand).
1. Sl. 3a: Zustiegsseillänge, ca. 30m. Verläuft hinter dem Turm von rechts nach links in einer Verschneidung bis auf den Turm hinauf, hier eine Zwischensicherung mit Schlinge, danach noch ca. 10m weiter hoch bis zum ersten Bh, welcher von unten nicht sichtbar ist. Dieser Standplatz kann gut mit einem Cam. Gr. 0.75 gut ausgebessert werden.
>> Zwar ist die Kletterei leicht, der Fels jedoch überaus staubig und mit Schutt überladen, somit ziemlich heikel zum klettern!
2. Sl. 6a+: Nun erst beginnt die eigentliche Route. Leicht beginnend, wird schon bald einmal das Stehvermögen geprüft, beim 4. Bh. folgt dann eine ziemlich knackige Reibungsstelle nach links. Anschliessend wird die Kletterei etwas leichter und griffiger, dafür nimmt die Hakendichte rapide ab, will heissen es steckt bloss noch 1 Bh. auf den restlichen 15m! Beim Stand ist man dann definitiv aufgewärmt...
3. Sl. 2a: Querung des Schuttbandes und in leichtem Schrofengelände nach rechts hinter einen Turm bis zu einem Bh. Dieser Standplatz kann ebenfalls mit einem Cam. Gr. 0.75 perfekt ausgebessert werden.
4. Sl. 6a+: Super Seillänge in bestem, rauhen und wasserzerfressenen Rätikonkalk! Bei der Querung nach links die zwei letzten Bh. mit einer Schlinge verlängern, tief bleiben beim klettern hilft...
>> Ab hier lachte uns die Sonne ins Gesicht und wir konnten im T-Shirt klettern!
5. Sl. 6b: Geniale, anspruchsvolle Seillänge in kompaktem, rauhen Rätikonkalk! Der Runout vom Stand weg kann mit einem Cam. Gr. 0.75 entschärft werden, die gut gesicherte Crux folgt dann vom 3. Bh nach rechts, welche mit gutem Stehvermögen und etwas Übersicht aber sauber gelöst werden kann. Anschliessend peilt man nach links an Untergriffen eine Schuppe an - wer möchte kann hier noch einmal einen Cam. Gr. 0.5/0.75 versorgen. An der Schuppe dann kurz ziehen, und schon kann der nächste Bh. geklippt werden. Auf den restlichen Metern folgt dann wieder schöne und griffige Wandkletterei.
>> Wendenmässige, oder eben rätikonmässige Seillänge, fantastisch!
6. Sl. 6a: Schöne, abwechslungsreiche Seillänge, welche für den Grad nicht zu unterschätzen ist. Nach dem 2. Bh. zuerst etwas nach rechts klettern, bevor man wieder nach links steuert und eine Sanduhr fädeln kann. Anschliessend in ein Verschneidungssystem, wo man den Runout mit einem Cam. Gr. 0.5 entschärfen kann. Anschliessend griffig an Wasserrillen gerade hoch zum Stand.
7. Sl. 6a+: Schöne, anspruchsvolle Seillänge, und mit 3 Bh auf 40m nicht gerade üppig ausgestattet. Der Runout vom Stand weg kann einmal mehr mit einem Cam. Gr. 0.75 entschärft werden, nach dem 1. Bh. dann linkshaltend (rechts steckt ein verlassener Bh, Variante?) den zweiten Bh anklettern. Nach dem 3. Bh. folgt dann die Crux dieser Seillänge, rechtshaltend in technischer Kletterei bis zum Stand (an Seitgriffen, tief bleiben hilft).
>> Der Stand ist nicht direkt auf dem Pfeilerkopf (wie es das Topo vermuten lässt), sondern gut sichtbar noch etwas unterhalb.
8. Sl. 5c+: Eher kurze Seillänge bis unter die Dachzone, aber auch diese ist schön und abwechslungsreich. Start nach rechts um den Turm herum, dann steil direkt über die Platte direkt hoch zum Stand unter dem Dach.
>> Die beiden Bh. stecken ziemlich weit oben und sind schlecht ersichtlich!
9. Sl. 7a+: Schlüsselseillänge. Ausgesetzte, steile und sehr gut abgesicherte Ausdauerkletterei, an fantastischem, messerscharfem Fels. Im ersten Teil hat die Seillänge eher kleingriffig-boulderigen Charakter, anschliessend wird es zusehends steiler, dafür werden die Griffe immer grösser. Einzige Schwierigkeit ist es, die Seillänge nach Hause zu bringen, bevor die Unterarme letztendlich das Zupacken verweigern :-)
>> Für einmal wurde hier nicht mit Zwischensicherungen gespart, womit man diese Seillänge auch technisch begehen kann.
10. Sl. 6c+: Anspruchsvolle Kletterei in überaus ausgesetztem, luftigem Ambiente. Start in der Verschneidung, die Crux dann die exponierte Querung nach rechts an Unter- und Seitgriffen, welche in die falsche Richtung zeigen - zudem ist hier äusserst solides Stehvermögen gefragt! Nach dem 5. Bh. dann besser zuerst etwas nach rechts klettern, bis man mit links und rechts eine Schuppe zu greifen kriegt, bei welcher man schliesslich zwei Camalots Gr. 0.4 und 0.5 versorgen kann, und somit den wasserrilligen Runout zu entschärfen vermag, wow!!
>> Original ist diese Seillänge mit 6c bewertet - das haben wir aber deutlich schwieriger empfunden, und gemäss anderer Erfahrungen sind wir mit unserer Einschätzung nicht alleine!
11. Sl. 5c+: Vom Stand weg ein Runout 10m nach links zum 1. Bh. anschliessend weiter nach links in die Verschneidung queren, dort kann ein Cam. Gr. 0.4 platziert werden. Die Verschneidung nach links verlassen und bald schon einen nächsten Bh. klippen. Anschliessend in griffiger Kletterei gerade hoch, Zwischensicherungen bleiben jedoch rar. Wenige Meter vor dem Stand etwas nach links gehalten in vermeindlich leichteres Gelände, dort noch einen (gelben) Nh. als Zwischensicherung geklippt. Anschliessend nach rechts gequert zum Stand.
Um 15.40 Uhr erreichten wir das Top, nach etwas mehr als 6 Stunden Kletterzeit. Nach kurzer Verschnauf- und Riegelpause machten wir uns bald schon ans abseilen, denn dies würde sicher auch noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Mit unseren 60m-Halbseilen konnten wir vom Top gleich einen Stand überspringen und bis zum oberen Stand der Schlüsselseillänge abseilen: Achtung, Expressschlingen einhängen um nicht plötzlich im Freien zu baumeln! Von hier konnten wir erneut einen Stand überspringen und luftig bis unter den Pfeilerkopf abseilen (Stand oberhalb der 7. Seillänge). Nun jeweils von Stand zu Stand abgeseilt bis oberhalb der 4. Seillänge. Dort kann man dann abseilend wieder einen Stand überspringen bis auf das grosse Schuttband, aber Achtung: Es muss anschliessend ungesichert ca. 10m zum nächsten Stand abgestiegen werden! Nun noch einmal exakt 60m abgeseilt bis an den Wandfuss, wo wir gegen 17.00 Uhr eintraffen. Das Abseilen klappte wie am Schnürchen, nur ganz am Schluss mussten wir noch einmal 10m hochsteigen um einen Seilverklemmer zu befreien, so sollte es immer sein...
Nun schnell unsere Sachen gepackt und das Weite gesucht, denn es kamen zwischenzeitlich immer noch Geschosse vom Hauptgipfel geflogen. Die Rutschpartie das Geröllfeld hinab war von kurzer Dauer, schon bald sassen wir im Gras, und konnten genüsslich das späte Mittagessen bei genialem Ambiente einnehmen, was für ein Tag, was für eine Tour! Etwas später nahmen wir noch den restlichen Abstieg unter die Füsse und trafen gegen 18.30 beim Parkplatz ein. Die lange Heimfahrt verlangte dann noch einmal vollste Konzentration...
Bemerkungen:
Die Sonne scheint im Sommer erst ab ca. 10.45 Uhr an die Wand. Nach Regen würde ich mindestens einen, oder besser zwei Tage warten, um in die Route Konflikt einzusteigen - die Dachpassagen bleiben länger nass! Es gibt in der Gegend jedoch genügend Alternativen, um einen Plan B in Angriff zu nehmen.
Wandhöhe 350m, Kletterlänge 420m. Ausrüstung: 60m-Doppelseil, 13 Express und ein kleines Set Friends (Cam. Gr. 0.3-1) zur zusätzlichen Absicherung sind ausreichend. Durch die schuttigen Terrassen-Unterbrüche ist die Wand etwas nach hinten geneigt und somit nicht so exponiert wie andere Routen im Rätikon. Bergschuhe und Stöcke sind für den Zu- resp. Abstieg sinnvoll. Falls sich bereits eine andere Seilschaft in der Tour befindet, würde ich von einer Begehung DRINGEND abraten und stattdessen eine andere Route in Angriff nehmen (Steinschlag)!
Im Panico-Kletterführer wird der Fuss Auf- resp. Abstieg empfohlen - die Standplätze sind unterdessen jedoch akzeptabel zum abseilen eingerichtet. Nachfolgenden Seilschaften sei jedoch die Mitnahme von Reepschnüren und etwas Tape empfohlen, um dem einen oder anderen Standplatz noch mit zusätzlichem Material zu versorgen.
Auf der anderen Seite des Couloirs, vom östlich gelegenen Hauptgipfel der Drusenfluh, hagelte es praktisch im Minutentakt Steine und Felsen in allen Grössen hinunter... Beim Einstieg von Konflikt ist man zwar mehr oder weniger geschützt vom Schmelzwasser bedingten Steinschlag, im Auf- und Abstieg über das Geröllfeld ist trotzdem etwas Vorsicht geboten, man sollte dort nicht unbedingt ein Pick-Nick einlegen...
Im Auswahl-Kletterführer Klettern in der Schweiz von Matteo della Bordella, welcher seit 2012 im Buchhandel erhältlich ist, sind die wichtigsten und bekanntesten, aber auch weniger bekannten Klettergebiete der Schweiz enthalten. Beschrieben werden sowohl Mehrseillängenrouten als auch Baseclimbs in verschiedenen Klettergärten, die Schwierigkeitsbereich der Wege reicht von mittleren bis zu höchsten Graden. Darin sind natürlich auch die Klettereien im Rätikon enthalten.
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